Als
Familienhund Buck plötzlich aus seiner behüteten kalifornischen
Heimat entführt wird und sich in der rauen Wildnis des Yukons
wiederfindet, ahnt er noch nicht, welche Abenteuer ihn erwarten: Er
muss sich als Rudelführer eines Schlittenhundegespanns beweisen,
einem Schurken das Handwerk legen und dabei auch noch seine wahre
Bestimmung finden, die ihn fernab der menschlichen Siedlungen führt.
Zum Glück kann Buck dabei auf seinen Freund John Thornton zählen,
der ihm bei der Suche nach seinem Platz in Welt zur Seite steht.
Während
des Goldrauschs der 1890er Jahre am weltberühmten Fluss Klondike
sind Schlittenhunde sehr begehrt. Deshalb werden besonders große
und starke Tiere auch aus südlicheren Gefilden entführt
und auf einem florierenden Schwarzmarkt in den hohen Norden verkauft
– so auch der verwöhnte Buck, ein Mischling aus Bernhardiner
und Schottischem Schäferhund. Buck lernt auf die harte Tour,
was es heißt, ein Schlittenhund zu sein und geht durch die Hände
vieler Besitzer – unter anderem zieht er für Perrault (Omar
Sy) den Postschlitten in die abgelegensten Gebiete Alaskas. Nach und
nach spürt Buck immer stärker das Erbe seiner wilden Vorfahren
in sich und lernt, auf seine Instinkte zu vertrauen. Als er den Einsiedler
John Thornton (Harrison Ford) kennenlernt, fühlt sich der Hund
das erste Mal seit langem wieder einem Menschen verbunden –
doch der Ruf der Wildnis ereilt ihn immer stärker…
„Ruf der Wildnis“ von Regisseur
Chris Sanders („Drachenzähmen leicht gemacht“), der
nun auf DVD und Blu-ray erhältlich ist, ist einer der ersten
Titel, die nach der Übernahme der 20th Century Fox durch Disney
für den Heimkinomarkt erscheinen. Der Film mit prominenter Besetzung
ist sozusagen eine „Altlast“ für die Walt Disney
Company und basiert auf der erfolgreichen literarischen Vorlage von
Jack London („Der Seewolf“). Der Film wurde seit seinem
Erscheinungsjahr 1903 bereits häufig verfilmt, so u.a. mit Clark
Gable (1935), Charlton Heston (1972) und Rutger Hauer (1997). Nun
dürfen wir also Harrison Ford („Star Wars“) in der
Rolle des John Thornton in der insgesamt achten Adaption des Romans
bewundern. Dabei haben die Macher von „Ruf der Wildnis“
die Handlung und die Inszenierung an derzeit vorherrschenden Sehgewohnheiten
angepasst, was nur bedingt funktioniert. In erster Linie besteht die
Neuerung darin, dass der Held der Geschichte, der Schlittenhund Buck,
vollständig animiert aus dem Computer daherkommt. Dieser Umstand
ist nicht automatisch schlecht, man denke nur an die großartig
animierten Tiere in „Der König der Löwen“ von
Disney, der im vergangenen Jahr die Zuschauerinnen und Zuschauer weltweit
in den Kinos begeisterte.
Waren
diese Tiere sensationell lebensecht animiert, so ist Schlittenhund
Buck so animiert, dass er von der ersten Szene an unglaubwürdig
und künstlich erscheint. Das ist sehr schade, weil so die spannende
und interessante Handlung zwangsläufig hinter diesem Umstand
zurückstecken muss. Harrison Ford, der sich redlich bemüht
und einen sehr passablen und engagierten John Thornton verkörpert,
erscheint im Film früher als im Buch, was seiner Popularität
geschuldet sein mag. Diese Abwandlung zum Buch ist jedoch durchaus
gelungen und verleiht der Handlung eine zusätzliche Spannung
und emotionale Tiefe. Dieser Mann hat auch mit 77 Jahren noch sehr
viel Charme und Charisma, wie man es heutzutage nur noch selten auf
der Leinwand findet. Es ist schade, dass nach der Übernahme der
20th Century Fox durch Disney anscheinend zu wenig Zeit war, um den
Film auf technischer Ebene grundlegend zu überholen oder neu
zu gestalten. Unter der Ägide von Disney wäre ein solcher
Film niemals in der vorliegenden Form ins Kino gekommen.
Aber
so ist „Ruf der Wildnis“ der erste Film, der für
den Heimkinomarkt mit dem neuen Logo des 20th Century Studio erscheint.
Das ist insofern bemerkenswert, weil 1935 mit „Goldfieber in
Alaska“ ebenfalls eine Verfilmung desselben Stoffes als letzter
Film mit dem Logo 20th Century Pictures lief, bevor durch die Fusion
mit der Fox der Zusatz zum ursprünglichen Firmennamen hinzukam.
So schließt sich der Kreis. Es wird in der Zukunft noch sehr
spannend, welche Filme in der Zukunft in den 20th Century Studios
unter der Ägide von Disney entstehen werden. Man denke nur an
die geplanten Fortsetzungen von „Avatar“, „Alien“
und „Planet der Affen“. „Ruf der Wildnis“
bietet solide Unterhaltung für einen gemütlichen Familienabend
vor dem heimischen Bildschirm. Allein schon wegen der tollen schauspielerischen
Leistung von Harrison Ford lohnt es sich, diesen Film anzuschauen.
Da fallen die mittelmäßigen Animationskünste in diesem
Film nicht ganz so schwer ins Gewicht.
RUF
DER WILDNIS
USA 2020 | Walt Disney | VÖ: 06. August
2020 (FSK 6) R: Chris Sanders | D: Harrison
Ford, Omar Sy, Dan Stevens