Man
nehme zwei Menschen, die nur ihre Hass-Liebe und der Ehrgeiz Wahlen
zu gewinnen – ganz egal wie - verbindet. Dann vermische man
das mit der Landbevölkerung in Wisconsin, die echt anderes zu
tun habe. Schließlich gibt man noch etwas Streuselkuchen dazu
und man bekommt eine urkomische und irgendwie etwas zu wahre Komödie
über das verfaulte Wahlsystem der Vereinigten Staaten heraus.
Als
der Top-Stratege des demokratischen Nationalkomitees, Gary Zimmer
(Steve Carell), ein Video sieht, in dem der pensionierte Marine-Oberst
Jack Hastings (Chris Cooper) für die Rechte der undokumentierten
Arbeiter seiner Stadt eintritt, glaubt er, den Schlüssel gefunden
zu haben, um die Wähler im Herzen Amerikas zurückzugewinnen.
Bei einem außerplanmäßigen Besuch auf Hastings' Milchviehbetrieb
im ländlichen Deerlaken, Wisconsin, überzeugt Gary den unpolitischen
Marine im Ruhestand davon, für das Amt des Bürgermeisters
zu kandidieren. Zunächst verlässt sich Gary auf Jacks sehr
fähige Tochter Diana (Mackenzie Davis) und ein Team von enthusiastischen,
wenn auch unerfahrenen Freiwilligen. Als das republikanische Nationalkomitee
ihm jedoch entgegentritt, indem es seine brillante Nemesis Faith Brewster
(Rose Byrne) schickt, ist Gary mehr als bereit, sein Spiel zu verbessern.
Während Gary und Faith sich die Waage halten, eskaliert das,
was als lokales Rennen begann, schnell zu einem nationalen politischen
Kampf um die Seele Amerikas…
Vermutlich gibt es keinen Staat, in dem das
Wahlsystem so verkorkst ist, wie in den USA, obwohl es sicherlich
auch wo anders Verbesserungsbedarf gibt. Schon allein aufgrund des
binären Systems dort, gibt es nur ja oder nein, es gibt kaum
wirkliche Wahlmöglichkeiten und die Alternativen fehlen. Den
Demokraten im echten Leben, aber auch im Film geht es schlecht. Also
bekommt Gary Zimmer (Steve Carrell) fast einen Ständer, als ein
Mitarbeiter in seinem Büro ihm das Video einer Stadtratssitzung
in Deerlaken, Wisconsin vorspielt. Ein Mann, ehemaliger Marine stellt
sich dem System entgegen und tritt für die Rechte derjenigen
ein, die keine Stimme haben. Denn „Gutes tun in guten Zeiten
ist einfach, aber wenn man es in Schlechten nicht auch tut, ist es
nur ein verschissenes Hobby“. In dieser Aussage, sieht er einen
versteckten Demokraten, aber einen, der auch im konservativen und
ländlichen Amerika wählbar ist. Obwohl in Wisconsin lediglich
etwas über 5,5 Millionen Einwohner leben und es sich so nur um
einen relativ kleinen Staat handelt, sind die Stimmen dort doch hart
umkämpft, handelt es sich bei Wisconsin eben um einen sogenannten
„Swing State“.
Gary
Zimmer jettet also nach Deerlaken, taucht in einem wirklich lächerlichen
Outfit dort auf und trotz seiner schnellen Recherche auf Wikipedia,
bestellt er im „Brauhaus“ des Ortes Burger und Budweiser.
Sie geben ihm seine Bestellung, obwohl sie diese Dinge normalerweise
nicht verkaufen und er isst es, obwohl er weder Burger noch Budweiser
mag. Und da zeigt sich mal wieder: Wenn man es versucht in der Politik
jedem recht zu machen, schmeckt es am Ende niemanden. Irgendwann erklärt
sich Jack bereit und es sind auch schnell einige enthusiastische,
aber bestenfalls unerfahrene freiwillige Helfer gefunden. Und so kann
die Aufholjagd beginnen. Doch das lässt sich die republikanische
Partei natürlich nicht auf sich sitzen und so schicken sie ihre
eigene Beraterin Faith Brewster (Rose Byrne), seine Nemesis. Obwohl
man sich da nie so ganz sicher ist. Diese involviert auch sofort die
Medien und behauptet selber aus Deerlaken zu kommen, obwohl sie vermutlich
genauso wie Gary noch nie eine Kleinstadt von innen gesehen hat.
In dem Film bekommen wirklich alle ihr Fett
weg und es werden zugleich äußerst humoristisch die Methoden
zur Analyse des Wahlvolkes und des Wählerverhaltens aufs Korn
genommen. Beispielsweise findet die Analystin Babs Garnett (Debra
Messing) eine ungewöhnliche Häufung von Single Frauen in
einer Wohngegend. Es werden also sofort Flyer für kostenfreie
Abtreibung dorthin versendet. Es stellt sich allerdings nach einiger
Zeit heraus, dass es sich bei dieser ungewöhnlichen Häufung
um einen Konvent mit Nonnen handelt und so die Werbung wohl nicht
ganz zielgerichtet war. Aber auch die Großstädter aus Washington
DC verhalten sich nicht, wie man es erwartet hätte. Sie sind
von der Lebenswirklichkeit in der Kleinstadt ungefähr so weit
entfernt, wie Angela Merkel von ihrer Zeit im Kindergarten. Als der
Bürgermeister-Kandidat in einem New Yorker Salon um Spenden für
seinen Wahlkampf werben soll, behandeln sie ihn fast wie ein exotisches
Tier, das man im Zoo anstarren würde.
Und
obwohl er den Oberschichtlern ziemlich direkt ins Gesicht sagt, dass
er sie und ihr Geld im Grunde für den Ursprung allen Bösen
hält, sind sie so begeistert, dass sie ihn mit genügend
Geld ausstatten, dass er vermutlich fast das nächste SpaceX gründen
könnte. Der Wahlkampf um das Amt des Bürgermeisters von
Deerlaken wird auch in den nationalen Medien aufgegriffen und wird
zu einer Schlacht, die sich irgendwann verselbstständigt. Egal
ob es die Talkrunde in den konservativen Sendern ist, in denen darüber
diskutiert wird, ob den nun ein ehemaliger Marine berechtigt wäre
für die demokratische Partei zu kandidieren oder ein wildes Geschreie
verschiedener Journalisten und Kommentatoren, die sich in einem eher
liberalen Sender über die vermeintlichen Verfehlungen des amtierenden
Bürgermeisters Braun gegenseitig versuchen zu übertrumpfen.
Am Ende sind sie sich aber dennoch einig, dass das uneheliche Kind,
das kurz vor der Wahl noch auftaucht, eine absolute Unverschämtheit
ist und er als Bürgermeister nicht qualifiziert sei. Aber im
Grunde ist es auch egal. Mit einem hat Gary am Ende doch recht: Wenn
man es nicht schafft, mehr Stimmen für sich zu gewinnen, dann
sorgt man eben dafür, dass die anderen nicht zur Wahl gehen.
Bei „Irresistable – Unwiderstehlich“
von Regisseur Jon Stewart („The Daily Show with Jon Stewart“)
handelt es sich um eine Komödie, die es schafft mit Witz und
Leichtigkeit alle möglichen Probleme amerikanischer Politik und
deren Wahlen aufzuzeigen. Zugleich ist es aber vielleicht eher die
Dynamik einer Hass-Liebe. Dabei können sich die beiden nicht
so recht entscheiden, ob sie sich sofort die Kleider vom Leib reißen
oder sich gegenseitig umbringen wollen. Zuletzt sei aber noch gesagt,
dass es am Ende einen Twist gibt, der sich wohl wirklich so nennen
kann. Ob dieser gelungen ist oder nicht, muss man dabei aber wohl
selber entscheiden. ist.
IRRESISTIBLE
– UNWIDERSTEHLICH
USA 2020 | Universal Pictures Germany | Start:
06. August 2020 R: Jon Stewart | D: Steve Carell,
Rose Byrne, Chris Cooper