KINO | 07.10.2020

VERGIFTETE WAHRHEIT

Ein Anwalt, der jahrzehntelange Umweltverschmutzung durch einen riesigen Chemiekonzern aufdeckt, nach Gerechtigkeit für die Betroffenen strebt und sich dabei fast selber zu Grunde richtet. Eine klassische „David gegen Goliath“ - Geschichte.

von Eve Pohl


© TOBIS Film GmbH

Cincinnati, 1998. Der erfolgreiche Wirtschaftsanwalt Rob Bilott (Mark Ruffalo) gerät in einen Zwiespalt, als ihn zwei Farmer auf merkwürdige Vorgänge in Parkersburg, West Virginia, aufmerksam machen, wo eine große Zahl von Kühen auf rätselhafte Weise verendet ist. Die Farmer vermuten dahinter den Chemiekonzern DuPont, für den Bilott selbst als Anwalt arbeitet. Trotz dieses Interessenskonflikts will der gewissenhafte Jurist den Fall vorbehaltlos aufklären und findet tatsächlich schnell belastende Indizien, die auf einen Umweltskandal von ungeheurem Ausmaß hindeuten. Unterstützt von seinem Boss Tom Terp (Tim Robbins) und seiner Frau Sarah (Anne Hathaway) stürzt sich Bilott aufopferungsvoll in eine langwierige Auseinandersetzung, die ihn seinen Ruf, seine Gesundheit, privates Glück und vielleicht sogar sein Leben kosten könnte…

Im Jahr 2016 veröffentlichte das New York Times Magazin einen Artikel von Nathaniel Rich mit dem Titel „The lawyer who became DuPont's worst nightmare“. In diesem Artikel beschreibt der Autor die tragische Geschichte des Anwalts Rob Bilott, der sich über viele Jahre mit Umweltverschmutzung durch die Firma DuPont beschäftigte. Im Jahr darauf, wurde Robert Billot mit dem „Alternativen Nobelpreis“ ausgezeichnet. Die schwedische Stiftung Right Livelihood Award Foundation begründete die Vergabe des Preises an Bilott folgendermaßen: „Für die Aufdeckung einer über Jahrzehnte andauernden chemischen Umweltverschmutzung, das Erreichen von Entschädigung für deren Opfer und seinen Einsatz für eine effektivere Regulierung gefährlicher Chemikalien.“ Dabei handelt es sich nicht nur um eine echte Schweinerei für die Bewohner von Parkensburg.


© TOBIS Film GmbH

Genau diese Geschichte über einen Anwalt, der verbissen nach Gerechtigkeit strebt und fast zum Helden „von der anderen Seite“ wird, wird im Film von Regisseur Todd Haynes („Carol“) erzählt. Man sollte in diesem Film keine ungewöhnlichen inszenatorischen Kniffe erwarten. Die Farben in diesem Film sind nicht sehr dynamisch und er wirkt durch und durch düster. So, als hätte es in den 90er Jahren in Virginia immer geregnet. Die Trostlosigkeit dieser Gegend wird durch die Inszenierung so deutlich gemacht, dass man sich fragt, wie irgendein Mensch es dort dauerhaft aushalten kann. Lediglich bei gesellschaftlichen Ereignissen gibt es eine gewisse Art von Gemütlichkeit, so zum Beispiel, als Rob und seine Frau Sarah das Jahrestreffen der Ohio Chemical Alliance 1999 besuchen. Aber auch dort wird diese wieder gebrochen, denn die Art wie die Menschen sich dort behandeln zeugt erneut von Kälte. Es ist ein interessanter Widerspruch: Bei den Farmern und Bewohnern von Parkensburg ist die Umgebung kalt und grau, das Verhalten aber durchaus von Herzlichkeit geprägt, in der Welt der Anwälte und Firmen ist es genau anders herum.

Der Cast bietet neben Marc Ruffalo („Avengers 4: Endgame“), der wie bereits erwähnt die Hauptrolle spielt, noch Anne Hathaway („Zwei an einem Tag“) als seine Frau. Die beiden sind als einzelne Charaktere äußerst interessant und spielen toll. Das Ehepaar kann man ihnen aber nicht abnehmen, dafür stimmt die Chemie irgendwie nicht, vielleicht auch weil Marc Ruffalo nicht wirkt wie ein Mann, der gerade geheiratet und Nachwuchs bekommen hat.

Insgesamt wird hier eine interessante Geschichte erzählt. Sie ist dabei schnörkellos und lässt die unwesentlichen Dinge weg, sodass man sich ganz auf die Stärken des Films konzentrieren kann. Das sind vor allem die starke Leistung von Marc Ruffalo und die Geschichte an und für sich, packend und mit einer noch immer aktuellen und brisanten Thematik.


VERGIFTETE WAHRHEIT

USA 2019 | Tobis Film | Start: 08. Oktober 2020 (FSK 6)
R: Todd Haynes | D: Mark Ruffalo, Anne Hathaway, Tim Robbins


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