WAVES
erzählt die bewegende Geschichte der afroamerikanischen Vorstadtfamilie
Williams, die nach einem Schicksalsschlag wieder zu sich selbst finden
muss. Eingebettet in die eindrucksvolle Landschaft Südfloridas
und besetzt mit einem spektakulären Cast, zeichnet WAVES ein
berührendes Bild von Liebe, Vergebung, Mitgefühl und familiärem
Zusammenhalt.
Tyler
Williams (Kelvin Harrison Jr.) ist 18, geht auf die Highschool und
ist bereits jetzt schon ein begnadeter Ringkämpfer. Jeden Tag
verlangt sein strenger Vater Ronald (Sterling K. Brown) neue Höchstleistungen
von ihm. Natürlich will Tyler ihn nicht enttäuschen, weshalb
er ehrgeizig ist und von einem Sportstipendium fürs College und
einer anschließenden Profikarriere träumt. Doch will er
das wirklich oder sind dies die Träume seines Vaters? Als Tyler
schließlich eine lang verdrängte Schulterverletzung einholt
und er einen Streit mit seiner Freundin Alexis (Alexa Demie) hat,
führt dies zu einer tragischen Verkettung der Ereignisse. Emily
(Taylor Russell McKenzie), Tylers Schwester, muss fortan mit den Folgen
leben. Zum Glück gibt es ihren Mitschüler Luke (Lucas Hedges),
der für sie zu einer großen Stütze in dieser schwierigen
Zeit geworden ist. Doch auch er hat mit seinem kaputten Elternhaus
zu kämpfen...
WAVES von Regisseur Trey Edward Shults ist
ein für das Kinopublikum nicht gerade leicht zu konsumierender
Film, der viele Fragen offenlässt und für viel Gesprächsstoff
sorgt. Der dritte Spielfilm von Shults, der in der Vergangenheit als
talentierter Indie-Regisseur in Erscheinung getreten ist, erweist
sich als zweigeteilte Geschichte, deren Teile nur lose zusammenhängen.
Wie der Titel andeutet, verläuft der Film wellenartig und überschüttet
den Zuschauer immer wieder mit den unterschiedlichsten Emotionen und
Phasen der Stille und der inneren Einkehr. Der Film glänzt mit
großartigen visuellen Ideen und Stilmitteln und bleibt auf der
erzählerischen Ebene widersprüchlich und zum Ende hin auch
ein wenig zu lang mit 137 Minuten Spielzeit. Es ist ein großes
Sittengemälde über die Kraft der Familie, sowohl im positiven,
wie auch im negativen Sinne. Die Familie als Schauplatz von großen
Konflikten und Dramen. Familie die trennt, aber auch verbindet.
Die
Figuren in WAVES sind in manchen Momenten dem Zuschauer emotional
sehr nah, in anderen Momenten jedoch sehr fern. Der Film verliert
sich gerade in der ersten Hälfte in sehr langen Einstellungen,
die sehr psychedelisch anmuten und unterlegt sind mit hypnotischer
Indie-Musik oder Rap-Songs. Das hat auf den Zuschauer eine sehr spannende
Wirkung, entschleunigt den Film und lässt den Zuschauer bisweilen
etwas ratlos zurück. Es fehlt die klare Linie und das Ziel. Aber
vielleicht ist diese Unklarheit, diese Unschärfe auch genau das
richtige Stilmittel, um die komplexen Machtverhältnisse und Organisationsstrukturen
innerhalb einer Familie auszuleuchten. Der Zuschauer wird in WAVES
permanent gefordert. Auch in den Momenten der erzählerischen
Ruhe herrscht niemals wirklich Stille.
Die
Musik dient in der ersten Hälfte als Stimmungsbarometer für
den seelischen Zustand von Tyler. Ebenso verändert sich der Film
im Laufe der Handlung. Der Regisseur nutzt dafür verschiedene
Seitenverhältnisse, was manchmal genial anmutet, manchmal aber
auch nur aufgesetzt. Zuletzt endet Tyler schließlich in einem
klaustrophobisch anmutenden 4:3 Format. Die zweite Hälfte von
WAVES schließt daran an und beschreibt den Befreiungsprozess
seiner Schwester nach den tragischen Familienereignissen. Das Bild
wird größer und weitet sich. Sie erobert sich ihr Leben,
ihr Glück, ihren Raum zurück. WAVES will nicht analysieren
und erklären. Der Film will den Zuschauer emotional überwältigen
und ihn spüren lassen was passiert. Es ist eine sehr archaische
Herangehensweise, die viele Menschen verstört und fragen zurücklässt.
Sehenswert ist der Film jedoch allemal.
WAVES
USA 2020 | Universal Pictures Germany | Start:
16. Juli 2020 (FSK 12) R: Trey Edward Shults | D: Kelvin
Harrison Jr., Taylor Russell McKenzie, Sterling K. Brown