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DVD & BLU-RAY | 13.08.2025

DER PINGUIN MEINES LEBENS

Der mürrische Lehrer Tom, ein waschechter Engländer, reist in den 1970er Jahren nach Buenos Aires, um an einem Jungeninternat Englisch zu unterrichten. Inmitten der Unruhen des Militärputsches sieht er sich mit rebellischen Schülern und einem herausfordernden Alltag konfrontiert.

von Franziska Keil


© Tobis Film GmbH

Mit DER PINGUIN MEINES LEBENS, nun fürs Heimkino erschienen, liegt ein Film vor, der auf leisen Sohlen in Herz und Erinnerung wandert. Regisseur Peter Cattaneo und Drehbuchautor Jeff Pope adaptieren Tom Michells autobiografische Vorlage nicht als bloßes Feel-Good-Kino, sondern als feinsinnige Erzählung, die aus einer unwahrscheinlichen Begegnung eine universelle Parabel formt. Die Geschichte spielt 1976, im Argentinien der Militärdiktatur. Tom Michell, ein britischer Lehrer, reist ins Land, um an einer Eliteschule zu unterrichten. Es ist eine Zeit der politischen Finsternis, doch Cattaneo inszeniert die historischen Schatten nicht frontal, sondern lässt sie als subkutane Strömung durch die Handlung fließen. Im Vordergrund steht ein Moment, der so unscheinbar wirkt, dass er leicht übersehen werden könnte: Michell rettet einen ölverschmierten Magellan-Pinguin aus dem sicheren Tod. Der Vogel – Juan Salvador – wird nicht nur zu seinem ständigen Begleiter, sondern zum Herzschlag des Films. Steve Coogan gestaltet Michell als Mann, dessen anfängliche Distanz sich im Kontakt mit dem Tier unmerklich löst. In seiner Darstellung mischen sich feiner Humor und latente Melancholie, eine Mischung, die den gesamten Ton des Films prägt. Juan Salvador ist dabei weit mehr als ein „tierischer Sidekick“: Er wirkt wie ein Katalysator für menschliche Nähe, bricht die Strenge des Schulbetriebs auf, verbindet Schüler miteinander und öffnet Michell den Blick für das, was an Menschlichkeit möglich ist, selbst unter widrigsten Umständen. Diese stillen Verschiebungen sind es, in denen der Film seine größte Stärke entfaltet. Dialoge sind knapp, oft elliptisch, wodurch Gesten und Blicke an Gewicht gewinnen. Cattaneo und sein Kamerateam setzen auf warme, sorgfältig komponierte Bilder: Klassenzimmer mit Patina, von Wind gepeitschte Küsten, abendliche Innenräume, in denen das Licht wie Erinnerung wirkt.


© Tobis Film GmbH

Die Musik verzichtet auf Pathos; feine Instrumentalpassagen und lange Momente der Stille lassen den Zuschauer tiefer in die Atmosphäre eintauchen. Subtil, aber unübersehbar, legt der Film eine zweite Lesart frei: Zuwendung als Form des Widerstands. Im Schatten einer repressiven Gesellschaftsordnung wird Fürsorge zum politischen Akt – nicht im Gestus der Revolte, sondern im unaufdringlichen Beharren auf Mitgefühl. Diese Ebene macht DER PINGUIN MEINES LEBENS zu mehr als einer anrührenden Tiergeschichte; er ist zugleich ein Plädoyer für das Menschliche in Zeiten, die es zu verdrängen suchen. Das Ensemble um Coogan überzeugt durch feine Nuancierung. Vivian El Jaber, Alfonsina Carrocio und Jonathan Pryce – als autoritärer, aber nicht eindimensional gezeichneter Schulleiter – tragen zu einer Atmosphäre bei, in der jede Figur mehr ist als nur dramaturgisches Inventar. DER PINGUIN MEINES LEBENS entfaltet im Heimkino einen besonderen Reiz. Seine stille, zurückhaltende Erzählweise, die Wärme seiner Bilder und die Präzision seines Spiels gewinnen in einem Raum, der Intimität zulässt. Es ist ein Film, der ohne Hast erzählt und gerade darin seine Wirkung entfaltet: als Erinnerung daran, dass selbst kleine Gesten von Zuwendung – so unscheinbar wie die Rettung eines einzelnen Pinguins – eine Welt verändern können.


DER PINGUIN MEINES LEBENS

ET: 31.07.25: digital zum Kaufen / 08.08.25: DVD, Blu-ray & digital | FSK 6
R: Peter Cattaneo | D: Steve Coogan, Jonathan Pryce, Vivian El Jaber
Großbritannien, Spanien 2024 | LEONINE


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