Francis
Ford Coppolas „Apocalypse Now“ gilt als Meisterwerk der
Filmgeschichte – doch die Dreharbeiten waren ein Albtraum. Filmemacherin
Eleanor Coppola dokumentierte das Chaos hinter den Kulissen und übergab
das Material 1990 an George Hickenlooper und Fax Bahr. Ihre eindringliche
Doku „Hearts of Darkness“ wurde 1991 in Cannes uraufgeführt
und vielfach ausgezeichnet.
Die
Dokumentation „Hearts of Darkness“, die nun als Special
Edition auf 4K UHD mit zahlreichen Extras für das Heimkino erschienen
ist, ist weit mehr als eine bloße Retrospektive. Es ist ein
singuläres filmisches Dokument, das die Entstehung eines Kinomeisterwerks
in all seiner chaotischen und erschütternden Pracht festhält.
Regie führt Eleanor Coppola, Francis Ford Coppolas Ehefrau, die
das Geschehen mit einer beispiellosen Intimität und Ehrlichkeit
festhielt. Die Dokumentation ist eine schonungslose, tiefgründige
Analyse von künstlerischer Besessenheit, menschlicher Hybris
und dem Preis, den es kostet, eine monumentale Vision zu verwirklichen.
Ihre Bedeutung für die Filmgeschichte ist unbestreitbar: Sie
ist ein unverzichtbarer Einblick in den Wahnsinn, der die Schöpfung
oft begleitet. Der Hauptreiz von „Hearts of Darkness“
liegt in seinem ungeschminkten Zugang zum kreativen Prozess. Das von
Eleanor Coppola aufgenommene Material bietet eine einzigartige Perspektive
aus dem Innersten des Taifuns, der die Produktion von „Apocalypse
Now“ war. Wir erleben die logistischen Albträume auf den
Philippinen hautnah: ein ausuferndes Budget, Naturkatastrophen, die
das Set zerstörten, und die Unvorhersehbarkeit der Hauptdarsteller.
Die Dokumentation zeigt, wie die äußeren Umstände
und die innere Zerrissenheit des Filmemachers zu einem beklemmenden
Spiegelbild der im Film selbst erzählten Geschichte werden. Francis
Ford Coppolas berühmtes Zitat, „Mein Film ist nicht über
Vietnam, mein Film ist Vietnam“, erhält durch die dokumentierten
Strapazen eine völlig neue, tiefere Bedeutung. Die Dokumentation
ist eine faszinierende Charakterstudie des Regisseurs. Coppola wird
nicht als unfehlbarer Visionär dargestellt, sondern als ein Mann
am Rande des Nervenzusammenbruchs, der sein Haus verpfändete
und alles riskierte, um seine Vision zu retten. Wir sehen seine Verzweiflung,
seine Wutausbrüche und seine Momente der kreativen Selbstreflexion,
die ihn an der Grenze zum Wahnsinn wandeln lassen.
Diese
psychologische Tiefe macht „Hearts of Darkness“ zu einem
der ehrlichsten Porträts eines Künstlers, der an den eigenen
Ansprüchen zu zerbrechen droht. Die Kamera, die unaufhörlich
diese Abgründe einfängt, wird zum stillen Zeugen einer Schöpfung,
die beinahe ihre Schöpfer verschlungen hätte. Die Dokumentation
gewährt uns ebenso Einblicke in das menschliche Drama jenseits
des Regisseurs. Wir werden Zeugen von Martin Sheens gesundheitlicher
Krise, die sich in einem Herzinfarkt entlud, von Marlon Brandos notorischer
Verweigerungshaltung und den permanenten Konflikten, die das gesamte
Filmteam belasten. Diese Sequenzen verdeutlichen, dass das Chaos von
„Apocalypse Now“ nicht nur ein logistisches Problem war,
sondern eine zutiefst menschliche Prüfung. Die Dokumentation
stellt die essenzielle Frage, was es bedeutet, wenn künstlerische
Ambition mit der physischen und mentalen Gesundheit der Beteiligten
kollidiert. Sie zeigt, dass die größten filmischen Leistungen
oft aus einem Schmelztiegel von Leiden und Widerstandsfähigkeit
entstehen. „Hearts of Darkness“ hat die Art und Weise,
wie wir über das Filmemachen denken, nachhaltig verändert.
Die Dokumentation, die erst 1991 veröffentlicht wurde, beleuchtete
nachträglich die Legendenbildung um „Apocalypse Now“
und etablierte sich selbst als ein Film von historischer Bedeutung.
Sie demystifizierte das Filmemachen, indem sie seine schmutzige, chaotische
und oft schmerzhafte Realität zeigte, und leistete Pionierarbeit
für eine neue Form des „Making-of“-Genres, das über
die bloße Werbung hinausgeht und tiefe Einblicke gewährt.
HEARTS OF DARKNESS
ET:
31.07.25: digital & 4K UHD Special Edition | FSK 16
R: Eleanor Coppola | Dokumentation
USA 1991 | Studiocanal Film
Bonusmaterial:
Kurzfilme und Dokus, u.a.: Coda - Einführung von E. Coppola,
Coda: 30 Jahre später, A Visit to China's Miao Country, Circle
of Memory; Booklet