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KINO | 10.09.2025

HONEY DON'T

Aubrey Plaza und Margaret Qualley in einem queeren Detektiv-Film, mehr braucht es nicht, um mich ins Kino zu locken. Mit „Honey Don’t“ präsentiert Ethan Coen nach „Drive Away Dolls“ jetzt den zweiten Film seiner „Lesbian B-Movie Trilogy“ in Solo-Regiearbeit – erneut gemeinsam mit seiner Frau und Co-Autorin Tricia Cooke. Ein dritter Teil, „Go Beavers!“, ist bereits in Planung.

von Laura Sternberg


© 2025 FOCUS FEATURES LLC. ALL RIGHTS RESERVED.

Ein Todesfall erschüttert das kalifornische Bakersfield. Privatdetektivin Honey O’Donahue (Margaret Qualley) beginnt zu ermitteln und stößt auf eine mysteriöse Kirche, geleitet vom zwielichtigen Pfarrer Drew Devlin (Chris Evans). Unterstützt wird sie von Polizistin MG Falcone (Aubrey Plaza), mit der sie ein Verhältnis beginnt. Im Laufe der Ermittlungen wird Honey mit immer mehr dubiosen Todesfällen, einem Familien-Drama und ihrer eigenen Vergangenheit konfrontiert.

Die großen Stärken des Films liegen definitiv in der Atmosphäre und der Ästhetik. Auch wenn sich die Geschichte anhand von iPhones und der Erwähnung von Corona klar in die Jetzt-Zeit einordnen lässt, wirkt der Film eher, als würde er in den 80ern spielen, was mir optisch gut gefällt. Retro-modisches Licht und Noir-Spannung verleihen ihm einen eigenen Charme. Qualley trägt das Geschehen mit lässiger Eleganz und einem ironischen Unterton und auch Chris Evans steuert als schmieriger Prediger einige amüsante Momente bei, während Aubrey Plaza durch ihr gewohnt trockenes Timing punktet.

Doch so stark Bildsprache und Darsteller auch sind, so schwach erweist sich der tatsächliche Inhalt. Narrative Zusammenhänge erschließen sich mir aufgrund zahlreicher Tonalitätsbrüche nur sehr schwer… Grotesker Slapstick trifft auf düstere Gewalt und Themen wie Missbrauch und häusliche Gewalt. Die Handlung bleibt lose, Wendungen sind oft willkürlich und irritierend und letztendlich bleibt das Gefühl, dass der Film mehr von Stimmung und schrägen Ideen, als von einer stringenten Erzählung lebt, was bei einem Kriminalfilm für mich keinerlei Sinn ergibt. Statt Spannung aufzubauen, wirken die Twists wie spontane Einfälle im Writers’ Room – kurzzeitig effektvoll, aber ohne nachhaltige Konsequenzen für die Figuren. Dadurch verliert der Film trotz seines ästhetischen Reizes an emotionalem Gewicht.


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Und als lesbische, der Gen Z zugehörige Person, muss ich an dieser Stelle jetzt mal woke und offended sein: So ziemlich alle queeren Frauen in „Honey Don’t“ und auch im Vorgänger „Drive Away Dolls“ sind in meinen Augen der Inbegriff davon, was sich ein alter weißer Mann unter einer Lesbe vorstellt. Na klar sitzt man sich beim ersten Date an der Bar gegenüber und fängt nach drei gesprochenen Sätzen an, sich in der Öffentlichkeit gegenseitig zu fingern. In einer Sportmannschaft, die vollständig aus homosexuellen Teenager-Mädchen besteht, knutscht man halt ganz normal im Kreis und wechselt alle 10 Minuten die Sexualpartnerin im Uhrzeigersinn. Und natürlich ist die beste sexuelle Interaktion, die eine lesbische Frau jemals hatte, sich mit der Silikon-Nachbildung des Penis eines Senators selbst zu befriedigen. Ja, es sind B-Movies. Und ja, beide Filme nehmen sich selbst nicht so ernst und sind offensichtlicherweise satirisch angehaucht und trotzdem frage ich mich: Warum??? Was ist der Mehrwert? Und ab welchem Punkt ist es vielleicht sogar Fetischisierung? Gerade weil Coen und Cooke in Interviews betonen, ein Gegengewicht zur heteronormativen Dominanz im Mainstreamkino schaffen zu wollen, wirkt diese hypersexualisierte Darstellung umso widersprüchlicher. Sichtbarkeit in diesem Bereich wird so dringend benötigt und Satire kann empowern – hier wirkt sie aber eher wie ein Blick von außen, der die Lebensrealität queerer Frauen karikiert, statt sie ernsthaft zu reflektieren.

Nachdem mich der erste Film der Trilogie nicht überzeugen konnte, jedoch die Trailer zu „Honey Don’t“, der inhaltlich nicht mit „Drive Away Dolls“ zusammenhängt, recht vielversprechend aussahen, habe ich mich wirklich auf diesen hochkarätig besetzten Film gefreut. Doch auch dieses Mal verließ ich den Kinosaal enttäuscht. Die Mischung aus Retro-Noir-Ästhetik, prominentem Cast und queerer Grundprämisse klingt auf dem Papier aufregend, verliert sich aber in inkonsistenter Tonalität. Wer sich auf ein atmosphärisches Kuriosum einlassen will, wird visuell belohnt – doch wer einen spannenden Krimi mit glaubwürdigen Figuren sucht, dürfte, so wie ich, ernüchtert aus dem Kino gehen.

Beim Film- und Serien-Podcast „Der Tele-Stammtisch“ habe ich „Honey Don’t“ außerdem gemeinsam mit Stu besprochen. Zum Podcast hier klicken.


HONEY DON'T

Start: 11.09.25 | FSK 16
R: Ethan Coen | D: Margaret Qualley, Aubrey Plaza, Chris Evans
USA 2025 | Universal Pictures Germany


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