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KINO | 30.07.2025

THE FANTASTIC FOUR: FIRST STEPS

Vor dem pulsierenden Hintergrund einer von den 1960er Jahren inspirierten, retro-futuristischen Welt stellt Marvel Studios' THE FANTASTIC FOUR: FIRST STEPS Marvels erste Familie vor – Reed Richards/Mr. Fantastic, Sue Storm/Die Unsichtbare, Johnny Storm/Die menschliche Fackel und Ben Grimm/Das Ding - die sich ihrer bisher größten Herausforderung stellen muss.

von Richard-Heinrich Tarenz


© 2025 20th Century Studios / © and ™ 2025 MARVEL.

Reed Richards aka Mister Fantastic (Pedro Pascal), Sue Storm aka Invisible Woman (Vanessa Kirby), Johnny Storm aka Human Torch (Joseph Quinn) und Ben Grimm aka The Thing (Ebon Moss-Bachrach) sind allesamt als Superheld*innen mit außergewöhnlichen Kräften ausgestattet und gewissermaßen eine große Familie. Doch genau diese Familienbande wird auf ihre bisher größte Probe gestellt, als der mysteriöse Weltraumgott Galactus (Ralph Ineson) auf den Plan tritt, der es auf die Erde abgesehen hat. Partner in Crime von Galactus ist dabei Silver Surfer (Julia Garner), die ihm dabei helfen soll, dem Planeten und allem Leben darauf den Garaus zu machen. Darüber hinaus werden die Fantastic Four auch mit sich selbst und den Differenzen untereinander konfrontiert. Die müssen natürlich erst mal überwunden werden, bevor die fantastische Familie Galactus und Silver Surfer wirklich geschlossen entgegentreten kann.

Am 24. Juli startete mit „The Fantastic Four: First Steps“ das lang ersehnte Reboot des ikonischen Superhelden-Quartetts in den Kinos. Regisseur Matt Shakman wagt mit diesem Film eine bemerkenswerte Abkehr von der konventionellen Erzählweise, indem er das Publikum nicht mit einer klassischen Entstehungsgeschichte, sondern mit dem Gefühl einer bereits etablierten Welt konfrontiert. Dieser mutige Ansatz ist zugleich die größte Stärke und Schwäche des Films, der sich als erfrischend unkonventionelles Stück in Marvels jüngster Historie präsentiert. Trotz seiner narrativen Stolpersteine gelingt es dem Film, eine einzigartige Ästhetik und einen intimen emotionalen Kern zu etablieren, die ihn zu einem vielversprechenden „ersten Schritt“ machen. „The Fantastic Four: First Steps“ wirft den Zuschauer direkt ins Geschehen. Anstatt die bekannten Ursprünge der vier Helden – Reed Richards, Sue Storm, Ben Grimm und Johnny Storm - ausführlich zu erzählen, wird ihre Verwandlung durch kosmische Strahlen in die Beschützer von Earth-828 in einem schnellen Abriss zusammengefasst.


© 2025 20th Century Studios / © and ™ 2025 MARVEL.

Diese narrative Aussparung mag zunächst irritieren, entpuppt sich jedoch als kühner Schachzug, der den Film von den üblichen Superhelden-Erzählmustern abhebt. Statt sich im Vorhersehbaren zu verfangen, tauchen wir sofort in eine voll ausgeprägte Welt des Retro-Futurismus ein, die mit ihrer taktilen und stilisierten Ästhetik eine immense Freude bereitet. Der Film etabliert sich schnell als eine Art Superhelden-Familiensitcom, die an die Dynamik der originalen Comics anknüpft. Das Ensemble, angeführt von Pascal und Kirby als Superhelden-Vorzeigepaar und ergänzt durch Moss-Bachrach und Quinn als humorvolle, spielerische Reibungspunkte, erzeugt eine lebendige Dynamik. Doch diese häusliche Idylle wird abrupt unterbrochen, als der mysteriöse Silver Surfer auftaucht und die baldige Ankunft des planetenverzehrenden Galactus verkündet. Der rasante Wechsel von familiärer Routine zu kosmischer Bedrohung mag holprig wirken, doch er dient als Katalysator für das eigentliche Herzstück des Films. Die Inszenierung findet eine sehr gute Balance zwischen der vertrauten Ikonografie der Charaktere und einer frischen Neuausrichtung. Die Charaktere mögen in ihrer Einführung noch nicht vollständig ausgeleuchtet sein, doch die Darstellerleistungen – insbesondere die von Ebon Moss-Bachrach, der in seiner Rolle brilliert – und die überzeugende Ästhetik der Welt füllen diese Lücken aus. Am bemerkenswertesten ist jedoch, dass der Film ein spürbares Interesse daran hat, eine eigene ästhetische und thematische Sensibilität zu schaffen, die sich von den Fesseln eines ausgedehnten filmischen Universums löst. Was „The Fantastic Four: First Steps“ von anderen Superheldenfilmen abhebt, ist sein Kern als Familiendrama, das sich als Superheldenfilm tarnt.


© 2025 20th Century Studios / © and ™ 2025 MARVEL.

Der Film beginnt mit der freudigen Nachricht von Sues Schwangerschaft und begleitet die Familie bei ihren Vorbereitungen und Ängsten vor der Ankunft des Babys. Diese intime Ausgangssituation erfährt eine kosmische Ausweitung, als Galactus der Familie ein unmögliches Angebot macht: das Überleben der Erde im Austausch für ihr ungeborenes Kind. In diesem Moment, in dem das Familiendrama und die kosmische Bedrohung ineinandergreifen, entfaltet sich die wahre Tiefe des Films. Reeds Figur, die zunächst als Archetyp des intelligenten, unerschütterlichen Superhelden erscheint, wird zutiefst menschlich. Er ist der Mann, der alles berechnen und kontrollieren kann, aber plötzlich mit der unberechenbaren Realität der Vaterschaft konfrontiert wird. Das Angebot von Galactus ist nicht nur eine schreckliche Wahl, sondern eine Metapher für die Elternschaft selbst: Das Wunder eines Kindes geht einher mit der lähmenden Angst, alles zu verlieren. Die im Film gestellte Frage – „Was ist diese Angst, wenn nicht die Vorstellung, seine ganze Welt zu verlieren?“ – hebt die Einsätze auf eine zutiefst menschliche und universelle Ebene. „The Fantastic Four: First Steps“ ist ein erfrischend unkonventioneller Superheldenfilm. Er mag mit seinen erzählerischen Sprüngen und der schnellen Einführung in seine Welt zuweilen holprig sein. Doch diese „ersten Schritte“ sind die einer Produktion, die sich traut, anders zu sein, und die ein tiefes Interesse daran hat, eine einzigartige Identität zu schaffen. Die Verwandlung des kosmischen Dramas in ein intimes Familiendrama und die Betonung der menschlichen, emotionalen Einsätze machen ihn zu einem bemerkenswerten Beitrag in der Superheldenlandschaft. Die einzelnen Elemente des Films – von der herausragenden Besetzung bis zur stilvollen Ästhetik und dem überraschenden emotionalen Kern – sind für sich genommen exzellent. Obwohl sie nicht immer zu einem vollends harmonischen Ganzen verschmelzen, weisen sie den Weg für eine vielversprechende neue Ära. „The Fantastic Four: First Steps“ ist ein mutiger, origineller und letztlich zutiefst berührender Film, der hoffnungsvolle Anzeichen für das Franchise setzt und beweist, dass die größten Geschichten die sind, die unser Innerstes berühren.


THE FANTASTIC FOUR: FIRST STEPS

Start: 24.07.25 | FSK 12
R: Matt Shakman | D: Pedro Pascal, Vanessa Kirby, Joseph Quinn
USA 2025 | Walt Disney Germany


 


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