Mit der
Liebe kennt sich Lucy aus – also jedenfalls rein beruflich,
denn die New Yorkerin arbeitet als Beraterin für die renommierte
Partnervermittlung namens Adore. Sie ist absoluter Profi und dieser
Ruf eilt ihr auch voraus. Wer auf der Suche nach der großen
Liebe ist, lässt sich von Lucy passende Dates arrangieren –
vorausgesetzt, die eigene Brieftasche ist ausreichend gefüllt.
Am
21. August 2025 kommt Celine Songs zweiter Spielfilm „Was ist
Liebe wert – Materialists“ in die deutschen Kinos. Nach
ihrem gefeierten Debüt „Past Lives“ überrascht
Song mit einem Tonfall, der weniger auf zarte Sentimentalität
setzt, sondern den Blick schärft für die nüchterne
Bilanz moderner Liebesverhandlungen. Im Zentrum steht Lucy (Dakota
Johnson), eine diskret operierende Partnervermittlerin im Herzen von
New York, deren Geschäft darin besteht, das Intimste in die Sprache
von Marktlogik zu übersetzen. Liebe ist für sie kein schicksalhafter
Funken, sondern ein Handel – seit Jahrtausenden in wechselnder
Währung: einst Vieh und Mitgift, heute soziale Statussymbole,
finanzielle Sicherheit und die ungeschriebenen Regeln von Attraktivität,
Bildung und Lebensstil. Lucy ist eine Meisterin der Verbindung von
Instinkt und Kalkül. Sie weiß, dass in ihrer Branche Romantik
ein Produkt ist, das sich nur verkauft, wenn es zugleich glaubwürdig
und verhandelbar wirkt. Johnson spielt diese Figur mit kontrollierter
Kühle – nie unnahbar, aber immer darauf bedacht, das Terrain
des Gefühls zu kartieren, bevor sie es betritt. Songs Drehbuch
zwingt Lucy, zwischen zwei Archetypen zu wählen: Harry (Pedro
Pascal), ein wohlhabender, makellos auftretender Finanzinvestor mit
Panoramablick über Manhattan, und John (Chris Evans), ihr Ex
aus den prekären Jahren, der als Schauspieler den ungesicherten
Traum vom künstlerischen Leben verfolgt. Beide Männer sind
Projektionsflächen – und beide bleiben in ihren Konturen
bewusst unscharf. Die Entscheidung zwischen ihnen ist weniger eine
Herzensfrage als ein Spiegel jener Kräfte, die Partnerschaften
heute formen: Sicherheit gegen Ungewissheit, Status gegen Authentizität.
„Materialists“ brilliert dort, wo es den Glamour des Großstadtlebens
mit der Nüchternheit seiner Mechanismen bricht.
Song
gewährt tiefe Einblicke in die ungeschriebenen Hierarchien des
Dating-Marktes – von subtilen Körpergrößenpräferenzen
bis zu unausgesprochenen Altersgrenzen, von der „richtigen“
akademischen Laufbahn bis zur stilistischen Selbstinszenierung. Der
Humor ist messerscharf, aber ohne billige Pointen; die Dialoge enthüllen
die Härten des Spiels mit einem fast wissenschaftlichen Interesse.
Visuell inszeniert Song New York in eleganter Klarheit: teure Stoffe,
reduziertes Interieur, das Licht von Spätnachmittagen, das in
Glasfassaden bricht. Doch unter der makellosen Oberfläche liegt
ein beständiger Unterton der Desillusion. Die größte
Stärke des Films ist seine Weigerung, romantische Klischees zu
bedienen. Song lässt Lucy nicht in eine alles überstrahlende
Liebe taumeln, sondern zeigt sie als Frau, deren Entscheidungen Ergebnis
von Erfahrung, Verlust und nüchterner Selbstbeobachtung sind.
Doch diese Haltung hat ihren Preis: Die Chemie zwischen Johnson und
Pascal wirkt eher geschäftsmäßig als magnetisch; Evans’
John bleibt zu sehr Idealbild des charmanten „Underdog“-Künstlers.
Wer eine klassische Romcom mit euphorischem Finale erwartet, wird
enttäuscht – wer hingegen bereit ist, in die Zwischentöne
zu lauschen, findet eine erfrischend andere Stimme im Genre. In einer
Zeit, in der romantische Komödien oft im Streaming verschwinden
oder als ironische Zitate ihrer selbst daherkommen, ist „Was
ist Liebe wert – Materialists“ ein Ereignis: ein Film,
der den Mut hat, den romantischen Mythos nicht zu bestätigen,
sondern zu sezieren. Song verbindet Präzision und Empathie, Kalkül
und Poesie – und hinterlässt das Publikum mit der unbequemen
Frage, welchen Preis wir bereit sind, für Nähe zu zahlen.
WAS IST LIEBE WERT – MATERIALISTS
Start:
21.08.25 | FSK 0
R: Celine Song | D: Dakota Johnson, Pedro Pascal, Chris Evans
USA 2025 | Sony Pictures Germany