KINO | 11.06.2025

28 YEARS LATER

Es ist fast drei Jahrzehnte her, dass das Rage-Virus aus einem biologischen Waffenlabor entkommen ist, und noch immer gilt eine strikt verordnete Quarantäne. Einige Menschen haben Wege gefunden, inmitten der Infizierten zu existieren. Eine solche Gruppe von Überlebenden lebt auf einer kleinen Insel, die durch einen einzigen, stark verteidigten Damm mit dem Festland verbunden ist.

von Richard-Heinrich Tarenz


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28 YEARS LATER
Fast dreißig Jahre sind vergangen, seit das gefährliche Rage-Virus aus einem Labor für biologische Waffen entkam und die Welt gnadenlos überrollte. Während das Gebiet seitdem weiterhin unter strikter Quarantäne steht, haben einige Überlebende Wege gefunden, sich inmitten der immer noch umherstreifenden Infizierten anzupassen. Eine kleine Gruppe hat etwa auf einer abgelegenen Insel Zuflucht gefunden, die nur über einen streng bewachten Damm mit dem Festland verbunden ist. Als ein Mitglied der Gemeinschaft, Jamie (Aaron Taylor-Johnson), zusammen mit seinem Sohn Spike (Alfie Williams) jedoch die Insel verlässt, um eine gefährliche Mission auf dem Festland zu übernehmen, erwartet ihn eine Realität, mit der bisher niemand gerechnet hat. Denn neben den üblichen „normalen" Infizierten begegnet er auch anderen Überlebenden, die sich auf unerwartete und dazu erschreckende Art und Weise verändert haben. Die Menschheit scheint noch einen langen, steinigen und gefährlichen Weg vor sich zu haben.

Die Filmreihe, die mit Danny Boyles "28 Days Later" im Jahr 2002 ihren Anfang nahm und am 19. Juni mit "28 Years Later" ihre langerwartete dritte Inkarnation in den Kinos erfährt, repräsentiert weit mehr als eine bloße Abfolge von Horrorfilmen. Sie ist ein filmhistorischer Wendepunkt, der das Zombie-Genre revitalisierte und neu definierte, sowie ein popkulturelles Phänomen, das tief in die kollektive Angst vor Seuchen, gesellschaftlichem Zerfall und der Ambivalenz menschlicher Natur vordrang. Ihr Einfluss reicht weit über die Grenzen des Horrorgenres hinaus und prägt bis heute unsere Vorstellung von postapokalyptischen Szenarien. Bevor "28 Days Later" die Leinwände eroberte, schien das Zombie-Genre, maßgeblich geprägt durch George A. Romeros ikonische Untote, in einer Art kreativer Stagnation gefangen. Langsame, taumelnde Leichen waren zum Klischee geworden. Boyle und Alex Garland, der Autor des ersten Films, rüttelten diese Konventionen fundamental auf. Sie präsentierten keine Untoten im klassischen Sinne, sondern "Infizierte" – von einem "Wut-Virus" (Rage Virus) befallene Menschen, die mit schockierender Geschwindigkeit und unbändiger Aggression jagten. Diese "schnellen Zombies" waren eine revolutionäre Neuerung, die dem Genre eine ungeahnte kinetische Energie und einen erhöhten Grad an Terror verlieh. Der visuell rohe, digitale Look des Films, oft mit Handkameras gefilmt, verstärkte die beklemmende Authentizität und ließ das Publikum unmittelbar in das Chaos eines zerfallenen Großbritanniens eintauchen.


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Doch die Bedeutung des Originals liegt nicht allein in seiner Genrerevolution. "28 Days Later" verlagerte den Fokus vom reinen Schock hin zur psychologischen und emotionalen Belastung der Überlebenden. Die menschliche Bestie erwies sich als nicht weniger gefährlich als die Infizierten selbst. Der Film beleuchtete die moralischen Dilemmata in Extremsituationen und die Brüchigkeit zivilisatorischer Normen. Er stellte unbequeme Fragen nach der wahren Natur der Menschheit, wenn die äußere Ordnung zusammenbricht – eine Thematik, die in Zeiten globaler Krisen, Pandemien und gesellschaftlicher Polarisierung eine erschreckende Aktualität bewahrt hat. Der Film wurde zu einem Kommentar auf die menschliche Spezies, die sich auch ohne äußere Bedrohung selbst zu zerstören droht. Die Fortsetzung "28 Weeks Later" (2007) unter der Regie von Juan Carlos Fresnadillo baute auf dem Fundament des Originals auf und skalierte die Bedrohung. Während sie vielleicht nicht die gleiche philosophische Tiefe wie ihr Vorgänger erreichte, kompensierte sie dies durch eine noch größere Brutalität und eine unerbittliche Spannung. Der Film zeigte die anfänglichen Versuche, die Zivilisation wieder aufzubauen, und die daraus resultierende Hybris, die unweigerlich zum erneuten Ausbruch des Virus führte. Er demonstrierte auf drastische Weise die Anfälligkeit menschlicher Kontrolle und die unaufhaltsame Natur der "Wut". Die visuelle Gewalt und die frenetische Action wurden intensiviert, was "28 Weeks Later" zu einem Action-Horror-Meisterwerk machte, das wiederum andere Werke des Genres, wie später "Train To Busan", beeinflussen sollte. Die Tragödie der Familie im Zentrum der Erzählung verstärkte die emotionale Wirkung und verdeutlichte, dass selbst in scheinbar sicheren Zonen die Gefahr der Vernichtung lauert. Die "28 Days"-Reihe hat eine tiefe Furche in der Popkultur hinterlassen. Ihre "schnellen Infizierten" revolutionierten das Zombie-Design und inspirierten unzählige Filme, Serien und Videospiele. Das Konzept eines durch Wut ausgelösten Virus bot eine biologische Erklärung für die Apokalypse, die sich von mystischen Wiederauferstehungen abhob und eine neue Ebene der Realitätsnähe verlieh. Die desolate, menschenleere Darstellung Londons im ersten Film wurde zu einem ikonischen Bild des postapokalyptischen Kinos. Darüber hinaus forcierte die Reihe eine stärker charakterbasierte Erzählweise im Horrorgenre, die die psychologischen Auswirkungen des Überlebenskampfes in den Vordergrund rückte.


28 YEARS LATER

Start: 19.06.25
R: Danny Boyle | D: Aaron Taylor-Johnson, Jodie Comer, Alfie Williams
Großbritannien 2025 | Sony Pictures Germany



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