Nur
widerwillig verlässt die 17-jährige Gretchen ihre amerikanische
Heimat, um bei ihrem Vater zu leben, der gerade mit seiner neuen Familie
ein Resort in den deutschen Alpen bezieht. Angekommen in ihrem zukünftigen
Zuhause werden sie von Herrn König, dem Chef ihres Vaters, begrüßt,
der ein unerklärliches Interesse an Gretchens stummer Halbschwester
Alma hat.
Die
17-jährige Gretchen (Hunter Schafer) sieht sich gezwungen, mit
ihrer Familie aus den USA in einen Ferienort in den deutschen Alpen
zu ziehen. Die Realität des Ortes ist jedoch ganz anders als
das idyllische Paradies, als das es zunächst erscheint. Gretchen
hört merkwürdige Geräusche, wird plötzlich von
albtraumhaften Visionen heimgesucht und kommt den dunklen Geheimnissen
des Ortes schon bald auf die Spur. All ihre seltsamen Erfahrungen,
die sie hat, seit sie in den Bergen ist, lassen sich auf den früheren
Eigentümer des Resorts zurückführen, der einst bizarre
Experimente betrieben haben soll.
In diesem Jahr bringt der deutsche Horrorfilm
CUCKOO frischen Wind in das Genre und überzeugt nicht nur durch
seine spannende Handlung, sondern auch durch die herausragende schauspielerische
Leistung von Hunter Schafer. Die talentierte Schauspielerin, bekannt
aus der Erfolgsserie „Euphoria“, verkörpert eine
moderne Slackerin, die mit ihrer Toughness und Introvertiertheit das
Publikum in ihren Bann zieht. Unter der Regie von Tilman Singer entfaltet
der Film eine visuelle Finesse, die sowohl nostalgische als auch innovative
Elemente des Horrorkinos vereint. In CUCKOO spielt Hunter Schafer
eine junge Frau, die in Sneakers und Bomberjacke durch das Leben navigiert.
Mit strähnigen Haaren und einem ausklappbaren Butterfly-Messer
verkörpert sie eine Figur, die sowohl verletzlich als auch stark
ist. Diese Dualität macht ihre Darstellung besonders eindrucksvoll.
Schafer gelingt es, die Balance zwischen Toughness und Introvertiertheit
meisterhaft zu halten – eine Fähigkeit, die sie bereits
in „Euphoria“ unter Beweis stellte. Die Figur von Schafer
wird im Film als ein Spiegelbild der Jugendkultur des 21. Jahrhunderts
präsentiert.
Ihre
Perspektive auf die Welt um sie herum lässt selbst andere Charaktere,
wie Dan Stevens‘ New-Age-Guru, in einem anderen Licht erscheinen.
Der Guru wirkt durch die Augen der Teenagerin fast lächerlich
und übertrieben – ein Zeichen dafür, wie gut der Film
es versteht, verschiedene Alters- und Erfahrungsstufen miteinander
zu verknüpfen. Regisseur Tilman Singer hat mit CUCKOO einen Film
geschaffen, der nicht nur narrativ überzeugt, sondern auch visuell
beeindruckt. Bereits mit seinem Abschlussfilm „Luz“ bewies
er ein Gespür für analoge Texturen und atmosphärische
Bildsprache. In CUCKOO nutzt er nun 35mm-Filmmaterial, um eine düstere
und eindringliche Atmosphäre zu schaffen. Die Bilder sind geprägt
von einer nahezu unergründlichen Dunkelheit – besonders
eindrucksvoll wird dies während Gretchens nächtlicher Fahrradfahrt
durch den Wald deutlich.
Hier
zeigt sich Singers Talent für Lichtführung: Das schwache
Licht der Lampe wirft groteske Schatten auf den Boden und verstärkt
das Gefühl von Bedrohung und Ungewissheit. Darüber hinaus
schafft Singer mit seiner Inszenierung eine Vielzahl von Stimmungen
– sei es die milchig-weiße Beleuchtung eines Krankenhauses
oder die grell erhellte Eingangshalle eines Hotels. Jedes Setting
ist sorgfältig gestaltet und trägt zur Gesamtwirkung des
Films bei. CUCKOO ist nicht nur ein Horrorfilm im klassischen Sinne;
er spielt auch mit psychosexuellen Themen und gesellschaftlichen Fragen
wie Brutparasiten und Leihmutterschaft. Der Film nimmt sich selbst
nicht zu ernst und stattet seine komplexen Themen mit einem informierten,
ironischen Humor aus. Diese Herangehensweise ermöglicht es dem
Publikum, sich auf eine tiefere Ebene mit den dargestellten Inhalten
auseinanderzusetzen. Der Einfluss von David Cronenberg ist dabei unverkennbar
– insbesondere in Bezug auf körperliche Verformungen und
psychologische Spannungen. CUCKOO zögert nicht, diese Einflüsse
offen zu zeigen, was dem Film eine zusätzliche Dimension verleiht.
CUCKOO
Start:
29.08.24 | FSK 16
R: Tilman Singer | D: Hunter Schafer, Jan Bluthardt, Marton Csokas
Deutschland 2024 | Leonine