KINO | 21.08.2024

CUCKOO

Nur widerwillig verlässt die 17-jährige Gretchen ihre amerikanische Heimat, um bei ihrem Vater zu leben, der gerade mit seiner neuen Familie ein Resort in den deutschen Alpen bezieht. Angekommen in ihrem zukünftigen Zuhause werden sie von Herrn König, dem Chef ihres Vaters, begrüßt, der ein unerklärliches Interesse an Gretchens stummer Halbschwester Alma hat.

von Franziska Keil


© Courtesy of NEON

Die 17-jährige Gretchen (Hunter Schafer) sieht sich gezwungen, mit ihrer Familie aus den USA in einen Ferienort in den deutschen Alpen zu ziehen. Die Realität des Ortes ist jedoch ganz anders als das idyllische Paradies, als das es zunächst erscheint. Gretchen hört merkwürdige Geräusche, wird plötzlich von albtraumhaften Visionen heimgesucht und kommt den dunklen Geheimnissen des Ortes schon bald auf die Spur. All ihre seltsamen Erfahrungen, die sie hat, seit sie in den Bergen ist, lassen sich auf den früheren Eigentümer des Resorts zurückführen, der einst bizarre Experimente betrieben haben soll.

In diesem Jahr bringt der deutsche Horrorfilm CUCKOO frischen Wind in das Genre und überzeugt nicht nur durch seine spannende Handlung, sondern auch durch die herausragende schauspielerische Leistung von Hunter Schafer. Die talentierte Schauspielerin, bekannt aus der Erfolgsserie „Euphoria“, verkörpert eine moderne Slackerin, die mit ihrer Toughness und Introvertiertheit das Publikum in ihren Bann zieht. Unter der Regie von Tilman Singer entfaltet der Film eine visuelle Finesse, die sowohl nostalgische als auch innovative Elemente des Horrorkinos vereint. In CUCKOO spielt Hunter Schafer eine junge Frau, die in Sneakers und Bomberjacke durch das Leben navigiert. Mit strähnigen Haaren und einem ausklappbaren Butterfly-Messer verkörpert sie eine Figur, die sowohl verletzlich als auch stark ist. Diese Dualität macht ihre Darstellung besonders eindrucksvoll. Schafer gelingt es, die Balance zwischen Toughness und Introvertiertheit meisterhaft zu halten – eine Fähigkeit, die sie bereits in „Euphoria“ unter Beweis stellte. Die Figur von Schafer wird im Film als ein Spiegelbild der Jugendkultur des 21. Jahrhunderts präsentiert.


© Courtesy of NEON

Ihre Perspektive auf die Welt um sie herum lässt selbst andere Charaktere, wie Dan Stevens‘ New-Age-Guru, in einem anderen Licht erscheinen. Der Guru wirkt durch die Augen der Teenagerin fast lächerlich und übertrieben – ein Zeichen dafür, wie gut der Film es versteht, verschiedene Alters- und Erfahrungsstufen miteinander zu verknüpfen. Regisseur Tilman Singer hat mit CUCKOO einen Film geschaffen, der nicht nur narrativ überzeugt, sondern auch visuell beeindruckt. Bereits mit seinem Abschlussfilm „Luz“ bewies er ein Gespür für analoge Texturen und atmosphärische Bildsprache. In CUCKOO nutzt er nun 35mm-Filmmaterial, um eine düstere und eindringliche Atmosphäre zu schaffen. Die Bilder sind geprägt von einer nahezu unergründlichen Dunkelheit – besonders eindrucksvoll wird dies während Gretchens nächtlicher Fahrradfahrt durch den Wald deutlich.

Hier zeigt sich Singers Talent für Lichtführung: Das schwache Licht der Lampe wirft groteske Schatten auf den Boden und verstärkt das Gefühl von Bedrohung und Ungewissheit. Darüber hinaus schafft Singer mit seiner Inszenierung eine Vielzahl von Stimmungen – sei es die milchig-weiße Beleuchtung eines Krankenhauses oder die grell erhellte Eingangshalle eines Hotels. Jedes Setting ist sorgfältig gestaltet und trägt zur Gesamtwirkung des Films bei. CUCKOO ist nicht nur ein Horrorfilm im klassischen Sinne; er spielt auch mit psychosexuellen Themen und gesellschaftlichen Fragen wie Brutparasiten und Leihmutterschaft. Der Film nimmt sich selbst nicht zu ernst und stattet seine komplexen Themen mit einem informierten, ironischen Humor aus. Diese Herangehensweise ermöglicht es dem Publikum, sich auf eine tiefere Ebene mit den dargestellten Inhalten auseinanderzusetzen. Der Einfluss von David Cronenberg ist dabei unverkennbar – insbesondere in Bezug auf körperliche Verformungen und psychologische Spannungen. CUCKOO zögert nicht, diese Einflüsse offen zu zeigen, was dem Film eine zusätzliche Dimension verleiht.


CUCKOO

Start: 29.08.24 | FSK 16
R: Tilman Singer | D: Hunter Schafer, Jan Bluthardt, Marton Csokas
Deutschland 2024 | Leonine



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