Als
der bekannte Maler Pierre Bonnard die selbsternannte Adelige Marthe
de Méligny kennenlernt, weiß er noch nicht, dass diese
Frau das Zentrum seines zukünftigen Werkes sein wird. Auf über
140 Bildern und 700 Zeichnungen wird sie angezogen oder nackt, als
Akt, die Muse seines Lebens.
Pierre
Bonnard (Vincent Macaigne) ist längst ein bekannter französischer
Maler, als seine Kunst noch einmal eine unerwartete Wendung nimmt:
Marthe de Méligny (Cécile de France), die sich selbst
gerne als Adlige inszeniert, tritt in sein Leben und verändert
für Bonnard schließlich alles. Er erkennt sie als seine
Muse und bildet sie immer und immer wieder ab. Am Ende entstehen von
Marthe mehr als 140 Gemälde und 700 Zeichnungen. Sie gibt sich
jedoch nie mit ihrer Rolle als Muse eines Mannes zufrieden. Sie will
selbst Kunst schaffen. Pierre kommt damit nicht sonderlich gut klar
und muss sich zunehmend die Frage stellen, wer hier eigentlich welche
Rolle ausfüllt.
Am 5. Juni 2025 startet Martin Provosts jüngstes
Werk, "Die Bonnards" (Originaltitel: "Bonnard, Pierre
et Marthe"), in den deutschen Kinos. Der Film taucht tief ein
in das schillernde und doch oft schmerzhafte Beziehungsgeflecht zwischen
dem französischen Maler Pierre Bonnard und seiner langjährigen
Muse, Lebensgefährtin und späteren Ehefrau Marthe de Méligny.
Provost, der sich bereits mit Biopics wie "Séraphine"
einen Namen gemacht hat, erweist sich erneut als Meister darin, die
inneren Welten von Künstlern und die Dynamik ihrer zwischenmenschlichen
Beziehungen auf die Leinwand zu bannen. "Die Bonnards" ist
weit mehr als eine konventionelle Künstlerbiografie; es ist eine
sinnliche Studie über die Verschränkung von Liebe, Inspiration
und künstlerischem Schaffen. Im Zentrum steht die komplexe, über
Jahrzehnte andauernde Beziehung zwischen Pierre (Vincent Macaigne)
und Marthe (Cécile de France). Marthe ist nicht nur Bonnards
Geliebte, sondern seine unerschöpfliche Inspirationsquelle, eine
Obsession, die sich in über 140 Gemälden und 700 Zeichnungen
manifestiert. Der Film visualisiert diese künstlerische Besessenheit
auf eindringliche Weise, indem er Marthes Präsenz in Bonnards
Werken spürbar macht und die Leinwand zum Schauplatz ihrer gemeinsamen
Geschichte werden lässt. Provost inszeniert die intime Welt der
beiden mit einer visuellen Pracht, die die leuchtenden Farben und
die Atmosphäre des Impressionismus einfängt. Die Kinematografie
ist selbst ein Kunstwerk, das die ästhetische Sprache Bonnards
aufgreift und die Bilder des Films in eine malerische Qualität
taucht. Doch hinter der visuellen Brillanz verbirgt sich eine Beziehungsgeschichte,
die von Liebe und Verlangen, aber auch von Eifersucht, Verrat und
einem tief verwurzelten Kampf um Identität gezeichnet ist.
Marthe
ist keine passive Muse; sie ringt um ihre eigene künstlerische
Anerkennung und darum, nicht nur als Objekt der Begierde und Inspiration
wahrgenommen zu werden. Dieser Konflikt zwischen dem Sein als Subjekt
und dem Dasein als Objekt schafft eine spannungsgeladene Dynamik,
die den Kern des Dramas bildet. Die schauspielerischen Leistungen
von Vincent Macaigne und Cécile de France sind herausragend.
Macaigne verkörpert Pierre Bonnard mit einer Mischung aus Genie
und Egozentrik, seine Darstellung fängt die Zerrissenheit eines
Künstlers ein, der von seiner Vision getrieben wird, aber auch
in seinen persönlichen Beziehungen oft blind für die Bedürfnisse
der anderen ist. Cécile de France brilliert als Marthe, deren
emotionaler Reichtum und innere Zerrissenheit nuanciert dargestellt
werden. Sie ist gleichermaßen zerbrechlich und widerstandsfähig,
leidenschaftlich und verletzlich. Ihre Performance verleiht Marthe
eine eigene Stimme und verhindert, dass sie zur bloßen Projektionsfläche
für Bonnards künstlerischen Drang degradiert wird. Die Chemie
zwischen den beiden Hauptdarstellern ist spürbar und trägt
maßgeblich zur Authentizität der dargestellten Beziehung
bei. Provost gelingt es, die Komplexität der Liebesbeziehung
herauszuarbeiten, ohne sie zu romantisieren oder zu verurteilen.
Er zeigt die Höhen und Tiefen, die Leidenschaft
und die Enttäuschungen, die in einer so symbiotischen Verbindung
unausweichlich sind. Die Zeitsprünge im Film sind dabei oft fließend,
was den Eindruck einer kontinuierlichen Entwicklung und Transformation
der Charaktere verstärkt. Trotz seiner vielen Stärken ist
"Die Bonnards" kein Film ohne Nuancen. Die teilweise episodische
Struktur, bedingt durch die lange Zeitspanne, die der Film abdeckt,
erzeugt eine gewisse emotionale Distanz zum Publikum. Manchmal vermisst
man eine noch tiefergehende psychologische Exploration bestimmter
Konflikte zugunsten der Gesamterzählung. Auch wenn der Fokus
auf die Beziehung zu Marthe liegt, werden andere Facetten von Bonnards
Leben und seine künstlerische Entwicklung außerhalb dieser
Dynamik nur angedeutet. Dennoch überwiegen die Stärken bei
Weitem. "Die Bonnards" ist eine visuell betörende und
emotional reichhaltige Künstlerbiografie, die ein faszinierendes
Porträt einer der prägendsten Beziehungen in der Kunstgeschichte
zeichnet. Martin Provosts Film bietet nicht nur Einblicke in das Schaffen
eines großen Malers, sondern auch eine universelle Reflexion
über Liebe, Muse und das Ringen um individuelle Identität
innerhalb einer leidenschaftlichen Verbindung.
DIE BONNARDS
Start:
05.06.25 | FSK 0
R: Martin Provost | D: Cécile de France, Vincent Macaigne,
Stacy Martin
Frankreich 2023 | Prokino Filmverleih