Als
zweiterfolgreichstes Animations-Franchise von Universal, direkt hinter
„Shrek“, hat „Drachenzähmen leicht gemacht“
ohne Frage eine Generation geprägt. Nun liefert Regisseur Dean
DeBlois, der bereits für das animierte Original verantwortlich
war, ein Live-Action-Remake, das sowohl visuell als auch emotional
hohe Erwartungen erfüllen muss. Dabei versucht der Film, die
Essenz der Vorlage beizubehalten, während er durch moderne Technik
und eine etwas ernstere Tonalität neue Akzente setzt.
Auf
der schroffen Insel Berk, wo seit Generationen eine erbitterte Feindschaft
zwischen Wikingern und Drachen wütet, erweist sich Hicks (Mason
Thames) als Außenseiter. Der einfallsreiche, jedoch unterschätzte
Sohn von Häuptling Haudrauf (Gerard Butler) widersetzt sich jahrhundertealten
Traditionen, als er sich mit dem gefürchteten Nachtschatten-Drachen
Ohnezahn anfreundet. Ihre außergewöhnliche Verbindung enthüllt
nicht nur die wahre Natur der Drachen - sie stellt die Werteordnung
aller Wikinger in Frage.
Mit der ehrgeizigen und kämpferischen
Astrid (Nico Parker) und dem schrulligen Waffenschmied Grobian (Nick
Frost) an seiner Seite stellt sich Hicks einer Welt, die von Angst
und Missverständnissen zerfressen ist. Als eine alte Bedrohung
sowohl Wikinger als auch Drachen in Gefahr bringt, wird seine Freundschaft
zu Ohnezahn zum Schlüssel für eine bessere Zukunft.
Mit diesem Handlungsverlauf bleibt das Remake
der Originalvorlage vollständig treu, mit seinen 125 Minuten
Laufzeit lässt sich der Realfilm allerdings etwas mehr Zeit,
die Geschichte von Hicks und Ohnezahn zu erzählen, als die animierte
Version, welche nur 98 Minuten auf die Leinwand bringt. Diese zusätzliche
Zeit nutzt der Film sinnvoll: Neben stärkeren emotionalen Nuancen
werden insbesondere die Nebenfiguren deutlich ausgebaut. Astrid erhält
mehr Hintergrund und Profil, was ihrer Beziehung zu Hicks mehr Tiefe
verleiht. Und auch die Entwicklung der Beziehung zwischen Vater und
Sohn wirkt durch zusätzliche Dialogszenen emotional gewichtiger.
Die
zentrale Herausforderung dieser Live-Action-Adaption war ohne Frage
die Darstellung der Drachen. Auch wenn die Kreaturen digital erschaffen
wurden, wirken sie in der Realverfilmung nie wie Fremdkörper.
Ihre Haut hat Textur, ihre Bewegungen Gewicht. Besonders Ohnezahn
beeindruckt mit subtil animierter Mimik: ein Zucken des Lids, ein
Neigen des Kopfes, ein tiefes Atmen - man vergisst schnell, dass man
eine CGI-Figur betrachtet. Und auch die Interaktionen zwischen Drache
und Mensch wirken völlig natürlich und schaffen es, die
tiefen emotionalen Bindungen des Originals wieder aufleben zu lassen.
Eine der größten Stärken des
Films ist außerdem die Filmmusik von John Powell. Der Score
liefert eine volle emotionale Wucht kombiniert mit einer großen
Portion Nostalgie, während Hicks und Ohnezahn das erste Mal gemeinsam
durch die beeindruckende Landschaft fliegen. Powell hat nicht nur
bekannte Melodien überarbeitet, sondern neue Themen eingeführt,
die sich organisch in das musikalische Gesamtbild einfügen. Insbesondere
die ruhigeren Momente zwischen Mensch und Drache profitieren von einer
feinfühligen, orchestralen Begleitung, die nie kitschig wirkt.
Schade
ist, dass der Realismus des Settings einige komödiantische Leichtigkeit
des Originals vermissen lässt. Viele Figuren wirken etwas geerdeter
und verlieren dabei ihren überzeichneten Charme. Besonders die
Zwillinge Raffnuss und Taffnuss, die sich in der Animation durch ihr
schlaksiges Charakter-Design und ihre draufgängerischen und etwas
trotteligen Persönlichkeiten auszeichnen, haben im Remake optisch
und erzählerisch einfach nicht mehr den selben Reiz. Ihr Humor
wirkt in der realistischen Darstellung gezügelt, fast bemüht
– was gerade bei jüngeren Zuschauenden für weniger
Lacher sorgen dürfte. Auch Fischbein und Rotzbakke, im Original
durch ihre cartoonhafte Überzeichnung ein Garant für Humor,
bleiben in der Live-Action-Version blass.
Schließlich bleibt, wie bei einem jeden
Remake, nur noch die Frage: Hat die Welt das nun wirklich gebraucht?
Hier muss man ganz klar sagen, dass die Live-Action-Version von „Drachenzähmen
leicht gemacht“ bei weitem nicht bahnbrechend ist. Wer neue
Twists oder große Überraschungen erwartet, ist hier definitiv
falsch. Stattdessen liegt der Fokus eher darauf, die Story unverändert
neu zu würdigen und hier und da neue Akzente zu setzen. Dies
gelingt zwar mal mehr und mal weniger gut, aber trotz kleiner Abstriche
liefert das Remake alles in allem genau das, was es verspricht: eine
würdige, modernisierte Neuinterpretation mit Herz, Verstand und
visueller Wucht. Für Fans des Originals bietet der Film viele
vertraute Momente in neuem Gewand, die für ordentlich Nostalgie
in den Kinosälen sorgen und für alle anderen einen packenden
Einstieg in eine Welt, in der Freundschaft, Mut und Mitgefühl
stärker sind als jede Waffe.
Ich
war außerdem zu Gast beim Film- und Serien-Podcast „Der
Tele-Stammtisch“, um mit Stu und Schläger über „Drachenzähmen
leicht gemacht zu sprechen. Zum Podcast hier
klicken.