KINO | 11.06.2025

DRACHENZÄHMEN LEICHT GEMACHT

Als zweiterfolgreichstes Animations-Franchise von Universal, direkt hinter „Shrek“, hat „Drachenzähmen leicht gemacht“ ohne Frage eine Generation geprägt. Nun liefert Regisseur Dean DeBlois, der bereits für das animierte Original verantwortlich war, ein Live-Action-Remake, das sowohl visuell als auch emotional hohe Erwartungen erfüllen muss. Dabei versucht der Film, die Essenz der Vorlage beizubehalten, während er durch moderne Technik und eine etwas ernstere Tonalität neue Akzente setzt.

von Laura Sternberg


© 2025 Universal Studios. All Rights Reserved.

Auf der schroffen Insel Berk, wo seit Generationen eine erbitterte Feindschaft zwischen Wikingern und Drachen wütet, erweist sich Hicks (Mason Thames) als Außenseiter. Der einfallsreiche, jedoch unterschätzte Sohn von Häuptling Haudrauf (Gerard Butler) widersetzt sich jahrhundertealten Traditionen, als er sich mit dem gefürchteten Nachtschatten-Drachen Ohnezahn anfreundet. Ihre außergewöhnliche Verbindung enthüllt nicht nur die wahre Natur der Drachen - sie stellt die Werteordnung aller Wikinger in Frage.

Mit der ehrgeizigen und kämpferischen Astrid (Nico Parker) und dem schrulligen Waffenschmied Grobian (Nick Frost) an seiner Seite stellt sich Hicks einer Welt, die von Angst und Missverständnissen zerfressen ist. Als eine alte Bedrohung sowohl Wikinger als auch Drachen in Gefahr bringt, wird seine Freundschaft zu Ohnezahn zum Schlüssel für eine bessere Zukunft.

Mit diesem Handlungsverlauf bleibt das Remake der Originalvorlage vollständig treu, mit seinen 125 Minuten Laufzeit lässt sich der Realfilm allerdings etwas mehr Zeit, die Geschichte von Hicks und Ohnezahn zu erzählen, als die animierte Version, welche nur 98 Minuten auf die Leinwand bringt. Diese zusätzliche Zeit nutzt der Film sinnvoll: Neben stärkeren emotionalen Nuancen werden insbesondere die Nebenfiguren deutlich ausgebaut. Astrid erhält mehr Hintergrund und Profil, was ihrer Beziehung zu Hicks mehr Tiefe verleiht. Und auch die Entwicklung der Beziehung zwischen Vater und Sohn wirkt durch zusätzliche Dialogszenen emotional gewichtiger.


© 2025 Universal Studios. All Rights Reserved.

Die zentrale Herausforderung dieser Live-Action-Adaption war ohne Frage die Darstellung der Drachen. Auch wenn die Kreaturen digital erschaffen wurden, wirken sie in der Realverfilmung nie wie Fremdkörper. Ihre Haut hat Textur, ihre Bewegungen Gewicht. Besonders Ohnezahn beeindruckt mit subtil animierter Mimik: ein Zucken des Lids, ein Neigen des Kopfes, ein tiefes Atmen - man vergisst schnell, dass man eine CGI-Figur betrachtet. Und auch die Interaktionen zwischen Drache und Mensch wirken völlig natürlich und schaffen es, die tiefen emotionalen Bindungen des Originals wieder aufleben zu lassen.

Eine der größten Stärken des Films ist außerdem die Filmmusik von John Powell. Der Score liefert eine volle emotionale Wucht kombiniert mit einer großen Portion Nostalgie, während Hicks und Ohnezahn das erste Mal gemeinsam durch die beeindruckende Landschaft fliegen. Powell hat nicht nur bekannte Melodien überarbeitet, sondern neue Themen eingeführt, die sich organisch in das musikalische Gesamtbild einfügen. Insbesondere die ruhigeren Momente zwischen Mensch und Drache profitieren von einer feinfühligen, orchestralen Begleitung, die nie kitschig wirkt.


© 2025 Universal Studios. All Rights Reserved.

Schade ist, dass der Realismus des Settings einige komödiantische Leichtigkeit des Originals vermissen lässt. Viele Figuren wirken etwas geerdeter und verlieren dabei ihren überzeichneten Charme. Besonders die Zwillinge Raffnuss und Taffnuss, die sich in der Animation durch ihr schlaksiges Charakter-Design und ihre draufgängerischen und etwas trotteligen Persönlichkeiten auszeichnen, haben im Remake optisch und erzählerisch einfach nicht mehr den selben Reiz. Ihr Humor wirkt in der realistischen Darstellung gezügelt, fast bemüht – was gerade bei jüngeren Zuschauenden für weniger Lacher sorgen dürfte. Auch Fischbein und Rotzbakke, im Original durch ihre cartoonhafte Überzeichnung ein Garant für Humor, bleiben in der Live-Action-Version blass.

Schließlich bleibt, wie bei einem jeden Remake, nur noch die Frage: Hat die Welt das nun wirklich gebraucht? Hier muss man ganz klar sagen, dass die Live-Action-Version von „Drachenzähmen leicht gemacht“ bei weitem nicht bahnbrechend ist. Wer neue Twists oder große Überraschungen erwartet, ist hier definitiv falsch. Stattdessen liegt der Fokus eher darauf, die Story unverändert neu zu würdigen und hier und da neue Akzente zu setzen. Dies gelingt zwar mal mehr und mal weniger gut, aber trotz kleiner Abstriche liefert das Remake alles in allem genau das, was es verspricht: eine würdige, modernisierte Neuinterpretation mit Herz, Verstand und visueller Wucht. Für Fans des Originals bietet der Film viele vertraute Momente in neuem Gewand, die für ordentlich Nostalgie in den Kinosälen sorgen und für alle anderen einen packenden Einstieg in eine Welt, in der Freundschaft, Mut und Mitgefühl stärker sind als jede Waffe.

Ich war außerdem zu Gast beim Film- und Serien-Podcast „Der Tele-Stammtisch“, um mit Stu und Schläger über „Drachenzähmen leicht gemacht zu sprechen. Zum Podcast hier klicken.


DRACHENZÄHMEN LEICHT GEMACHT

Start: 12.06.25 | FSK 16
R: Dean DeBlois | D: Mason Thames, Gerard Butler, Nico Parker
USA 2025 | Universal Pictures Germany


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