KINO | 23.04.2025

KLANDESTIN

Der mäßig erfolgreiche Künstler Richard, der sich seine britische Heimat nicht mehr leisten kann, lebt in Tanger und bereitet sich auf seine nächste Vernissage in Deutschland vor. Währenddessen träumt der junge Marokkaner Malik seit langem von einem besseren Leben in Europa. Als er mithilfe von Richard illegal nach Deutschland gelangt, glaubt er sich am Ziel seiner Träume.

von Richard-Heinrich Tarenz


© farbfilm verleih

Der wenig erfolgreiche Künstler Richard (Lambert Wilson) hat seine britische Heimat aus finanziellen Gründen hinter sich gelassen und lebt nun in Tanger, wo er sich auf eine Vernissage in Deutschland vorbereitet. Währenddessen sehnt sich der junge Marokkaner Malik (Habib Adda) nach einem besseren Leben in Europa. Mit Richards Hilfe gelingt ihm die illegale Einreise nach Deutschland, doch seine Hoffnungen auf eine vielversprechende Zukunft werden schnell auf die Probe gestellt. In Frankfurt soll ihn ausgerechnet Mathilda Marquardt (Barbara Sukowa), eine konservative Politikerin mit fremdenfeindlichen Ansichten und eine alte Freundin Richards, verstecken. Ihre Assistentin, die Juristin Amina El Hazzaz (Banafshe Hourmazdi), wird als Vermittlerin hinzugezogen – ein Auftrag, der sie mit ihrer eigenen Herkunft konfrontiert. Während Mathilda mit inneren Konflikten ringt und Richard versucht, Malik an sich zu binden, gerät der Junge immer tiefer in eine Kette unvorhersehbarer Ereignisse, deren Auswirkungen alle Beteiligten unwiderruflich verändern könnten.

Angelina Maccarone, eine Regisseurin, die sich durch ihre tiefgründige Auseinandersetzung mit gesellschaftlichen Randthemen und komplexen menschlichen Beziehungen einen Namen gemacht hat, präsentiert mit "Klandestin" einen weiteren Film, der ab sofort in den Kinos zu sehen ist. Dieses Werk taucht ein in die Welt der Verborgenheit und der doppelten Existenzen und fordert das Publikum heraus, jenseits des Offensichtlichen zu blicken. "Klandestin" widmet sich dem Leben am Rande der Legalität und beleuchtet die individuellen Schicksale jener, die aus Notwendigkeit oder Überzeugung ein Dasein im Verborgenen führen. Maccarone inszeniert dabei eine Geschichte, die nicht nur von äußerer Spannung, sondern vor allem von inneren Konflikten lebt.


© farbfilm verleih

Der Film verzichtet auf übertriebene Dramatisierung und setzt stattdessen auf eine realistische und oft ungeschönte Darstellung der Lebensumstände seiner Protagonisten. Diese Authentizität ist eine der größten Stärken des Films und ermöglicht es, eine tiefe Empathie für die Charaktere zu entwickeln, selbst wenn ihre Entscheidungen moralisch fragwürdig erscheinen mögen. Die Regisseurin beweist erneut ihr feines Gespür für nuancierte Charakterzeichnungen. Die Darstellerriege überzeugt durchweg mit glaubwürdigen Leistungen, die die Vielschichtigkeit der Figuren und ihre komplexen Motivationen erfahrbar machen. Es ist gerade die Ambivalenz, mit der die Figuren gezeichnet sind – weder rein gut noch rein böse –, die den Film so fesselnd macht. Man wird dazu angehalten, die Grautöne menschlicher Existenz zu erkunden und sich den unbequemen Fragen nach Gerechtigkeit, Anpassung und Überleben zu stellen. Visuell besticht "Klandestin" durch eine zurückhaltende, aber eindringliche Bildsprache.

Die Kameraführung ist präzise und einfühlsam, fängt die verborgenen Details und die emotionale Dichte der Szenen ein, ohne dabei voyeuristisch zu wirken. Die Inszenierung des Milieus ist stimmig und trägt maßgeblich zur Atmosphäre des Films bei, die zwischen Beklemmung und einer subtilen Hoffnung pendelt. Der Film lässt dem Publikum Raum für eigene Interpretationen und Schlussfolgerungen, was ihn zu einem intellektuell stimulierenden Erlebnis macht. Der Film zeichnet sich durch eine ruhige Erzählweise aus und verzichtet bewusst auf eine klare moralische Stellungnahme. Das mag unbefriedigend wirken, ist jedoch konsequent im Kontext der Inszenierung. "Klandestin" ist kein Film, der einfache Antworten liefert oder sich einer konventionellen Dramaturgie bedient. Seine Ambivalenz ist seine Stärke ist, die langsame Entwicklung und die Konzentration auf die psychologischen Aspekte der Figuren erfordern Geduld und die Bereitschaft, sich auf die Komplexität der Materie einzulassen.


KLANDESTIN

Start: 24.04.25 | FSK 12
R: Angelina Maccarone | D: Lambert Wilson, Barbara Sukowa, Banafshe Hourmazdi
Deutschland, Frankreich, Belgien 2024 | Farbfilm


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