KINO | 26.07.2023

BARBIE

Im Barbie-Land zu leben bedeutet, ein perfektes Dasein an einem perfekten Ort zu führen. Außer natürlich, man steckt gerade in einer existenziellen Krise. Oder man ist ein Ken.

von Richard-Heinrich Tarenz & Franziska Keil


Copyright: © 2023 Warner Bros. Entertainment Inc. All Rights Reserved.
Photo Credit: Courtesy Warner Bros. Pictures

In Barbieland ist alles an seinem Platz. Die Frisur sitzt, die Kleidung und jedes Accessoire passen zueinander. Kurz: Es ist eine perfekte Welt, zumindest äußerlich. Wer hier leben will, muss sich nämlich ausnahmslos an die aufgestellten Normen halten. So auch die stereotypische Barbie (Margot Robbie), eine der einflussreichsten Barbies im Land, die vom platinblonden Schönling Ken (Ryan Gosling) angehimmelt wird. Doch irgendetwas stimmt in letzter Zeit nicht, denn Barbie beschleichen immer wieder Gedanken an den Tod. Ein absolutes No-Go im Barbieland, wo jeder Tag doch einfach nur perfekt sein sollte. Ihre einzige Hoffnung ist die seltsame Barbie (Kate McKinnon), die außerhalb des Barbielands ein Einsiedler-Dasein führt. Diese offenbart ihr, dass der Ursprung ihres merkwürdigen Verhaltens in der richtigen Welt zu finden ist und sie die Person aufspüren muss, die mit ihr spielt. Also brechen Barbie und Ken gemeinsam in die reale Welt auf. Doch kaum angekommen, müssen sie feststellen, dass dort andere Regeln als im Barbieland gelten. Während Barbie sich den neuen Herausforderungen stellt und dabei mehr als einmal mit dem Gesetz in Konflikt kommt, entdeckt Ken das Patriarchat für sich...

Als das Hollywood-Studio Warner Bros. Und Spielzeug-Hersteller MATTEL ankündigten, dass Greta Gerwig und Noah Baumbach den BARBIE-Spielfilm überarbeiten und in die Kinos bringen würden, war die Sensation perfekt. Zu unvereinbar schienen die Welten zwischen der Regisseurin, die für Ihre gesellschaftskritischen und feministischen Spielfilme („Lady Bird“, „Little Women“) bekannt ist und dem US-amerikanischen Spielzeug-Konzern. Es schien nur eine Frage der Zeit, bis das Projekt an inneren Unvereinbarkeiten zwischen Kunst und Kommerz scheitern würde. Doch weit gefehlt. Am 20. Juli feierte BARBIE seinen umjubelten Einstand in den Kinos und erweist sich als großer kommerzieller Erfolg weltweit. Der Spielfilm ist eine überdrehte feministische Satire in grellem Pink, die großen Spaß macht, ernste Themen transportiert und zugleich ohne Zweifel die Umsätze von MATTEL ankurbeln dürfte.

Der Spagat zwischen Kunst und Kommerz wurde dabei erfolgreich gemeistert. Dabei verliefen die Dreharbeiten zu BARBIE keineswegs problemfrei. Es gab eine kritische Szene im Film, die zunächst von MATTEL verhindert werden sollte, letztendlich jedoch doch ihren Einzug in den Film fand. Auch wenn Greta Gerwig in diesen Film sehr viele Kritikpunkte an Barbie und MATTEL thematisiert, bleibt es fraglich, welche gesellschaftliche Wirkung diese Kritik haben wird. Auch wenn nicht viele Dinge beim Publikum hängenbleiben werden, ist es trotzdem ein Pluspunkt, dass BARBIE mit seinen gesellschaftskritischen und feministischen Themen ein sehr breites Publikum erreicht. Ein Publikum, dass sich vielleicht sonst nicht unbedingt mit diesen Themen im Kino auseinandersetzt.


Copyright: © 2023 Warner Bros. Entertainment Inc. All Rights Reserved.
Photo Credit: Courtesy Warner Bros. Pictures

Wirklich relevant und stark wird der Film immer dann, wenn um die Rolle der Frauen in der realen Welt geht. Dann wird der Ton bisweilen düster und persönlich. In diesem sehr intimen Momenten, entwickelt der Film seine volle emotionale Durchschlagskraft. Auch wenn diese Entwicklung sich im finalen Akt ein wenig belehrend gibt, verliert der Film dadurch nichts von seiner Aussagekraft. Generell kann man sagen, dass BARBIE sich in erster Linie an Erwachsene richtet, wobei auch das jüngere Publikum durchaus seinen Spaß haben wird, besonders wenn es um die großartigen Kulissen und Kostümen geht, die mit sehr viel Liebe für das Detail gestaltet wurden. Das Set-Design in diesem Film ist großartig und ein Geniestreich. Was jedoch diesen Film wirklich sehenswert macht, sind die Schauspielerinnen und Schauspieler in BARBIE. Margot Robbie liefert eine erstklassige schauspielerische Leistung mit einer großen emotionalen Tiefe ab. Ryan Gosling hingegen liefert die wohl beste schauspielerische Leistung seiner bisherigen Karriere ab. Seine Männlichkeits-Karikatur ist so witzig wie abgründig-erschreckend. Inszenatorisch ist BARBIE gut gelungen. Greta Gerwig zieht alle Register ihres Könnens. Großartig ist die Reise von Barbieland nach Los Angeles. Sei es bei einer spektakulären Muscial-Nummer oder abtstrakten Welten – Gerwig ist immer dann genial, wenn sie sich in neue visuelle Welten wagt. Die Erwartungen im Vorfeld an die Regisseurin waren groß und Greta Gerwig hat geliefert.

BARBIE gilt als eine der bekanntesten und meistverkauften Puppen der Welt und gehört damit zu den Spielzeugklassikern. Barbie ist ein eingetragenes Warenzeichen der US-amerikanischen Firma Mattel und bezeichnet die Produktionsreihe von Modepuppen im Maßstab 1:6. Auch die Puppe Ken, das männliche Pendant, gehört zum Barbie-Franchise. Die Firma Mattel wurde 1945 vom Ehepaar Ruth und Elliott Handler sowie von Harold Matson gegründet. Der kleine Betrieb produzierte zunächst Bilderrahmen, Modeschmuck und Puppenmöbel, später auch anderes Spielzeug. Nach Aussage von Ruth Handler hatte sie bereits Anfang der 1950er Jahre die Idee, nach dem Vorbild der Ankleidepuppen, mit denen ihre Tochter Barbara spielte, eine Puppe zu produzieren, die einem Mannequin glich. Auf einer Europareise entdeckte Ruth Handler eine solche Puppe in einem Schaufenster in Luzern und kaufte sie.

Sie war etwa 30 Zentimeter groß und hatte eine blonde Pferdeschwanzfrisur. Bei der Puppe aus dem Schaufenster handelte es sich um die Bild-Lilli, eine Puppe nach dem Vorbild eines Comics, den Reinhard Beuthien seit 1952 für die BILD-Zeitung zeichnete und die seit 1955 auf dem Markt war. Der kommerzielle Erfolg von Barbie beruht zu einem wesentlichen Teil darauf, dass sie von Anfang an mit einer reichhaltigen Garderobe für jede Gelegenheit ausgestattet war. Barbie wurde ursprünglich nur im Badeanzug verkauft. Die ersten Kleider waren von den Modellen der Haute Couture beeinflusst und trugen wie diese Namen. Barbie ging immer mit der Mode und trug die aktuellen Farben der Saison. Ab den 1990er Jahren wurden nicht mehr nur Kleider für mehr oder weniger alltägliche Situationen angeboten, sondern Barbie konnte sich nun auch als Meerjungfrau, Blumenelfe oder Märchenprinzessin verkleiden.


BARBIE

Start: 20.07.23 | FSK 6
R: Greta Gerwig | D: Margot Robbie, Ryan Gosling, America Ferrera
USA, Großbritannien 2023 | Warner Bros. GmbH


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