KINO | 20.12.2023

LOLA

1941 in London. Die Schwestern Thom und Mars haben die Maschine LOLA konstruiert, die Radio und Fernseh-Schnipsel aus der Zukunft empfangen kann. Sie hören Kultmusik, bevor sie geschrieben wird, platzieren todsichere Wetten und leben ihren inneren Punk aus, bevor die Bewegung dazu überhaupt erfunden wird. Als der Zweite Weltkrieg eskaliert, beschließen die Schwestern, LOLA für einen guten Zweck zu nutzen und fangen militärische Informationen aus der Zukunft ab.

von Richard-Heinrich Tarenz


© Neue Visionen Filmverleih

Thomasina (Emma Appleton) und Martha (Stefanie Martini) haben bereits als Kinder ihre Eltern verloren und leben seitdem in dem heruntergekommenen Anwesen, das ihnen hinterlassen wurde. Thom ist eine geniale Erfinderin, gemeinsam entwickeln sie Ende der Dreißigerjahre eine Maschine namens LOLA (benannt nach ihrer Mutter), die Rundfunk- und Fernseh-übertragungen aus der Zukunft abfangen kann. Zunächst tasten sie sich spielerisch durch die Popkultur der Sechziger und Siebziger, verlieben sich in David Bowie, Bob Dylan und die Kinks. Doch als der Zweite Weltkrieg ausbricht, werden sie sich der Tragweite ihrer Erfindung bewusst. Sie beginnen, die Zivilbevölkerung sowie das Militär vor den Angriffen der Luftwaffe zu warnen. LOLA erweist sich als äußerst effektiv, um den Verlauf des Krieges zu verändern. Aber als Thomasina beginnt, sich von der Macht, die die Maschine über die Zukunft hat, mitreißen zu lassen, entdecken die Schwestern bald die weltverändernden Konsequenzen ihres Handelns.

Mit LOLA präsentiert der irische Regisseur Andrew Legge sein sensationelles Regiedebüt. Der Film begeistert mit originellen Einfällen und überrascht das Publikum bis zur letzten Minute. LOLA ist ein intelligenter Zeitreise-Thriller, der mit einem geringen Budget die bestmögliche Wirkung entfaltet. Die Verbindung von Zeitreise- und Found-Footage-Film ist neu. Dieser Film verblüfft und begeistert jedoch mit einer unglaublichen Kreativität, die großes cineastisches Vergnügen bereitet. In einem spannenden und interessanten Kinojahr hat sich LOLA einen Platz in der Top 10 der besten Filme des Jahres redlich verdient. Inhaltlich versteht es der Film sehr gut, die großen historischen Fragen der Zeit mit der persönlichen Ebene zu verweben.

Es geht um Weltkriege und die komplizierten emotionalen Beziehungen zwischen Geschwistern. Es geht um die Zukunft der Menschheit und um Liebe. All diese gewichtigen Themen mit vergleichsweise kleinen Mitteln so brillant und zugleich spannend zu erzählen, ist das große Verdienst von LOLA. Inszenatorisch verwendet Legge in seinem Debütfilm selbstgedrehte Szenen und Archivmaterial, die er geschickt miteinander vermischt. Es entsteht ein rauschhaftes und faszinierendes Remake der geschichtlichen Realität. Jenseits der Zeitreise-Handlung, ist LOLA ein emotional berührender Film über zwei Schwestern, geprägt durch den frühen Verlust ihrer Eltern. Stundenlang könnte man den beiden Frauen zusehen, die großartig von Emma Appleton und Stefanie Martini gespielt werden. LOLA ist großes Kino, dass begeistert, mitreißt und fasziniert.


LOLA

Start: 28.12.23 | FSK 12
R: Andrew Legge | D: Emma Appleton, Stefanie Martini, Rory Fleck-Byrne
Irland, Großbritannien 2022 | Neue Visionen Filmverleih



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