KINO | 14.10.2020

Mrs. Taylor's Singing Club

Wie kämpft man gegen Angst und Sorgen an, wenn der Mann oder die Frau viele Kilometer entfernt im Kriegseinsatz ist? Am besten wohl, indem man nicht alleine kämpft. Ein Film über Zusammenhalt und Musik, die das Herz wärmt.

von Eve Pohl


© Tobis Film

Als ihre Partner beim Kriegseinsatz in Afghanistan sind, gründen einige Frauen aus Großbritannien einen Chor auf einem Militärstützpunkt. Sie unterstützen sich gegenseitig während dieser schwierigen, besorgnis-erregenden Zeit. Durch Musik und Lachen werden die sehr unterschiedlichen Frauen schnell gute Freunde. Das Projekt erweckt bald das Interesse der Medien und wird zur internationalen Sensation…

In den letzten Monaten, seit Covid-19 sich immer weiter über den Globus ausbreitet, sich immer wieder Hiobsbotschaften verbreiten, sehnt man sich ein wenig nach Geschichten, die einen symbolisch in eine Kuscheldecke einwickeln. Wenn man sich nach so etwas sehnt, sollte man sich „Mrs Taylor's Singing Club“ anschauen. Tatsächlich besteht in diesem Film eine interessante Dissonanz und das nicht nur in den Anfängen des Chores, den die zurückgebliebene Soldatenehefrauen gründen, während ihre Partner sich im Kriegseinsatz in Afghanistan befinden. Jede einzelne der Frauen hat eine Geschichte von Angst und Schmerz, der sie begleitet, während sie zugleich auch unterschiedliche Charaktere haben und so mit der Situation anders umgehen. Am Anfang ist von Harmonien in ihrem gemeinsamen Gesang nichts zu hören. Das geht sogar so weit, dass die zurückgebliebenen Soldaten und Angestellten des Stützpunktes regelmäßig schallschluckende Kopfhörer oder Watte bemühen, sobald die Frauen proben. Aber im Laufe der Zeit verbessert sich nicht nur ihr Gesang, sondern sie finden auch Harmonie in der Beziehung zueinander und merken, dass sie sich trotz all ihrer Unterschiede gegenseitig Kraft geben und aufeinander verlassen können.


© Aimee Spinks

Der Film baut vor allem auf das Verhältnis und vielleicht auch den Gegensatz, den Lisa (Sharon Horgan) und Kate (Kristen Scott Thomas) darstellen. Während Lisa quirlig ist, obwohl auch sie mit privaten Problemen zu kämpfen hat, ist Kate eher reserviert und sich sehr wohl der Stellung bewusst, die sie als Frau des Colonels einnimmt. Aber genau diese Stellung hält sie davon ab sich auf andere einzulassen und ihr wahres Ich zu offenbaren oder über ihre Gefühle zu sprechen. Dann gibt es aber auch noch die schüchterne Jess, die gar nicht so recht aus sich herauskommen kann, erst als zufällig herauskommt, dass sie wunderbar singen kann, findet sie einen Weg sich auszudrücken und ermutigt auch (zumindest unbewusst) die anderen Frauen offener miteinander umzugehen. Es gibt in der Komödie von Regisseur Peter Cattaneo („Ganz oder gar nicht“) einige durchaus lustige und unterhaltsame, ebenso wie herzergreifende Momente, die einem nahe gehen. Immerhin geht man hier mit den großen Themen um, die die Welt zu bieten hat. So zum Beispiel geht es neben Zusammenhalt auch um den Tod. Er gehört wie selbstverständlich zum Krieg dazu. Das ist auch allen Frauen, wie den Kindern klar. Darüber wird allerdings niemals gesprochen und sie versuchen aus der Gemeinschaft genug Kraft und Hoffnung zu schöpfen. Teilweise auch einfach aus dem Nebel des Alkohols. Es gibt eine Szene, in der ein schwarzer Wagen vorfährt und im Prinzip weiß jede von ihnen, was das bedeuten muss...


© Aimee Spinks

Der Film erzählt eine Geschichte, die sowohl zutiefst traurig ist, aber auch Hoffnung macht. Selbst als Pazifist muss man wohl anerkennen, dass nichts in der Welt nur schwarz oder weiß ist. Es gibt so viele Grautöne, die dazwischen liegen. Deswegen bewegt er einen wohl auch, weil er zeigt, hinter allen Dingen, auch hinter Krieg, stehen immer Menschen, die eine Geschichte haben und keine anonymen Nummern oder gedankenlose Killer sind. Und es gibt auch immer diejenigen, die bangend zurückbleiben. Da kann Musik eine heilende Wirkung haben. Oder um es mit dem Song zu sagen, den die Frauen bei der Gedenkveranstaltung singen: „at ten o’clock tonight i’ll be looking at the moon / that’s one thirty for you / will you be up then too? / i know that if its shining on me then it shines for you / these simple things help me get through.“


MRS. TAYLOR'S SINGING CLUB

Großbritannien 2019 | Leonine | Start: 15. Oktober 2020 (FSK 6)
R: Peter Cattaneo | D: Kristin Scott Thomas, Sharon Horgan, Greg Wise


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