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Startseite > Film > Kino | 20.11.2019

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Stephen Kings Doctor Sleeps Erwachen

Das Overlook-Hotel in dem einst Danny Torrance seine Schrecken erlebte, wird hier noch einmal zum Leben erweckt, auch wenn dort nur kleine Teile des Films spielen. So bemüht sich der Regisseur Mike Flanagan um eine Balance zwischen Autor des Stephen King, dem Meisterwerk „Shining“ von Stanley Kubrick, welches King nie mochte und seinen eigenen Ansprüchen.

von Eve Pohl


© 2019 WARNER BROS. ENTERTAINMENT INC. / Photo Credit: Jessica Miglio

Danny Torrance (Ewan McGregor) ist inzwischen erwachsen geworden. Nach seinem absoluten Tiefpunkt, als er einem Mädchen Geld für Alkohol und Drogen aus dem Portemonnaie klaut, kommt er schließlich nach Frazier, New Hampshire, wo sein Leben in geregelten Bahnen läuft, auch nachdem er anfängt regelmäßig an treffen der Anonymen Alkoholiker teilzunehmen. Schließlich bekommt er einen Job als Pfleger im örtlichen Krankenhaus, wo er mit Hilfe seines Shinings Sterbenden hilft in den Tod zu gehen und friedlich zu entschlafen. Eines Tages nimmt eine andere Besitzerin von Shining namens Abra Stone (Kyliegh Curran) Kontakt zu ihm auf. Sie kommunizieren über Gedanken, bis sie sich schließlich entschließen gemeinsam gegen eine Sekte Namens „Der wahre Knoten“ vorzugehen, die sich wie Vampire vom Shining getöteter Kinder ernähren. Je qualvoller der Tod, desto reiner das Steam, wie sie diese Kraft nennen…

Hier versucht jemand in sehr große Fußstapfen zu treten und geht leider ein bisschen in ihnen verloren. Es ist aber auch nun wirklich nicht einfach, eine Fortsetzung eines Klassikers wie „Shining“ von Stanley Kubrick zu drehen. An diesem Punkt muss sich Regisseur Mike Flanagan („Spuk in Hill House“) entscheiden, ob er einen Film angelehnt an „Shining“, mit jeder Menge Bonbons für Fan des ursprünglichen Films machen möchte, oder ob es ein Film sein soll, der für sich selber funktioniert und seinen ganz eigenen Twist hat. Der letzte Part des Films im verlassenen Overlook-Hotel, in dem sie die Schurkin mit den Geistern und Schrecken bekämpfen, die bereits Danny als Kind erleben musste. Das hätte man wirklich etwas kreativer lösen können. Es kommt einem auf diese Weise wie ein dürftig aufgewärmtes Mittagessen vor. Da wurde definitiv Potential verschenkt.


© 2019 WARNER BROS. ENTERTAINMENT INC. / Photo Credit: Jessica Miglio

Die erste Hälfte mit der Einführung der Figuren dauert viel zu lang. Da gibt es Sequenzen von „der Schlange“, die von der fiesen Shining-fressenden Hippie Crew angeworben wird. Das dauert etwa 10 bis 15 Minuten, obwohl diese Figur keinerlei Bewandtnis für den restlichen Film hat. Bei einer Inszenierung von über zweieinhalb Stunden empfiehlt es sich, diese Szene einfach auszusparen und den Fokus auf andere Teile des Films zu legen, die etwas zu kurz kommen.

Nämlich, warum Dr Sleep denn eigentlich heißt wie er eben heißt. Da hätte man deutlicher drauf eingehen können. Auch andere Figuren wie Abras Eltern, die Vermieterin von Danny, die eigentlich die Graffitis über einen getöteten Jungen an seiner Wand finden könnte, sind Handlungsstränge, die nie weiterverfolgt werden. Bei der Besetzung der Rollen gibt es einige schöne Leistungen. Der absolute Star des Filmes ist Rebecca Ferguson („Mission Impossile – Fallout“) als Rose the Hat, die eine überzeugende Anführerin der Schurken abgibt. Die ganze Gang lebt zusammen auf einer Art Bauwagenplatz.


© 2019 WARNER BROS. ENTERTAINMENT INC. / Photo Credit: Jessica Miglio

Dorthin entführen sie (vor allem) Kinder und töten sie, um so an deren Shining zu kommen. Es gibt dabei ein seltsames Gefälle zwischen dem äußeren Bild der Hippies, das ja eher mit Frieden und der freien Liebe assoziiert wird und der Grausamkeit, mit der diese töten. Diese Dissonanz zieht sich bis zum Ende durch und verschwindet nie ganz. Auch Kyliegh Curran als Abra Stone, eine Teenagerin, der niemand ihre unglaublichen Talente und übernatürlichen Begabungen glaubt, ist auf der einen Seite herrlich zerbrechlich, auf der anderen Seite stark im Ausdruck, weswegen sie hier definitiv als Highlight heraussticht. Auch Ewan McGregor („Trainspotting“), der den inzwischen gealterten Danny Torrance spielt, liefert eine durchweg gute Performance, sticht aber leider im Gegensatz zu den anderen beiden nicht so heraus. Schauspielerisch gibt es auf jeden Fall nix zu meckern.

Nachdem Stephen King die Verfilmung zu seinem Buch Shining überhaupt nicht mochte und diese auch nicht anerkannte, gestaltet sich die Handlung in diesem Film etwas näher am Buch als beim ersten Film. Das Ende jedoch spielt noch einmal im Overlook-Hotel, welches im Buch zerstört ist.

Insgesamt fühlt dieser Film sich leider an, als hätte man zwanghaft versucht zwei Filme in einen mit zweieinhalb Stunden Laufzeit zu quetschen und dabei an manchen Stellen ausufernd zu erzählen, was bereits bekannt ist (zur Befriedigung der Shining Fans) und sich an anderen sehr kurz zu halten. Der Regisseur hätte sich ruhig trauen können seine eigene Geschichte basierend auf Kings Roman zu erzählen, als einen zähen und auch nicht besonders originellen Abklatsch des ersten Films zu realisieren. Aber das worauf es am Ende ankommt ist vorhanden: Der Film ist nämlich trotz aller aufgeführten Punkte durchaus unterhaltsam!


USA 2019 | Warner Bros. GmbH | Start: 21. November 2019 (FSK 16)
R: Mike Flanagan | D: Ewan McGregor, Rebecca Ferguson, Kyliegh Curran


 

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