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SACHBUCH | 11.11.2020

Game Over:
Warum es den Westen nicht mehr gibt

Europa, insbesondere Deutschland, braucht die USA in fast allen Bereichen – politisch, militärisch, wirtschaftlich, technisch. Umgekehrt sieht das ganz anders aus. Die alte Achse »Europa-USA« erodiert. Je nach Ausgang der diesjährigen US-Wahlen wird sich dieser Vorgang noch beschleunigen. Gerade deshalb ist ein realistischer Blick über den Atlantik für uns überfällig.

von Richard-Heinrich Tarenz


© Bild von PublicDomainPictures auf Pixabay

Die 59. Präsidentschaftswahl in den Vereinigten Staaten liegt erst wenige Tage zurück. Und auch wenn das Ergebnis noch nicht eindeutig feststeht, deuten viele Faktoren auf einen Sieg des demokratischen Kandidaten Joseph „Joe“ Biden hin. Doch auch wenn es einen Wechsel an der Spitze der U.S.A. geben sollte, wird sich an einer Tatsache nichts ändern. Das Interesse der U.S.A. an Europa schwächt sich immer mehr ab. Diese Entwicklung, die einhergeht mit einer strategischen Neuausrichtung der U.S.A. hin zum pazifischen Raum, hat schon unter US-Präsident Barack Obama begonnen und wurde unter US-Präsident Donald Trump lediglich lautstark beschleunigt. Ein US-Präsident Biden wird für Europa wesentlich unangenehmer als ein US-Präsident Trump. Konnte man in Europa sich in den vergangenen vier Jahren einer Diskussion über die Zukunft der strategischen Partnerschaft zwischen Europa und den U.S.A. mit dem Hinweis auf Donald Trump geschickt entziehen, wird dies unter Joe Biden nicht länger möglich sein. Daher ist es umso wichtiger, dass sich Europa so schnell wie möglich damit beschäftigt, wie man seine eigene Zukunft vernünftig und effektiv gestaltet.

Genau mit diesem Sachverhalt beschäftigt sich Tobias Ender in seinem Buch „Game Over: Warum es den Westen nicht mehr gibt“. Das Buch ist verständlich geschrieben und führt den interessierten Leser auf einem hohen intellektuellen Niveau durch das Thema. Er beschäftigt sich mit den Ursachen für die wachsende Entfremdung zwischen den U.S.A. und Europa, beleuchtet die Gründe für den Wahlerfolg von Donald Trump 2016 und macht anhand vieler Beispiele verständlich, warum der Wert der transatlantischen Allianz in den letzten Jahren so stark abgenommen hat. Der Autor verbindet dabei gekonnt historische und politische Fakten mit interessanten Anekdoten und Berichten von persönlichen Erlebnissen, die das große Thema herunterbrechen und greifbar machen. Es wird spürbar, dass sich in der US-amerikanischen Gesellschaft etwas Grundlegendes verändert hat. Ein Paradigmenwechsel hat stattgefunden. Doch der Autor verbreitet in seinem Buch keine Untergangsstimmung, sondern zeigt konstruktive Wege auf, wie man die transatlantische Partnerschaft zwischen den U.S.A. und Europa neu denken und gestalten kann.


Tobias Endler - Game Over: Warum es den Westen nicht mehr gibt

Orell Füssli Verlag | Gebundene Ausgabe: 272 Seiten | 23. Oktober 2020


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